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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Spurenlesen in Namibia

von Text und Fotos von Gesine Unverzagt

(29.11.2015)  Eine große, blonde Frau mit wilden Locken empfängt uns am Flughafen in Windhoek. „Ich heiße Marion und bin deutschstämmige Namibierin“, stellt sie sich vor. „Und das ist unser Fahrer, er heißt Helmut.“ Offensichtlich kennt der Schwarzafrikaner die Wirkung seines Namens, denn breit grinsend und kichernd nimmt er unsere Koffer entgegen. Später erfahren wir, dass seine Mutter bei deutschstämmigen Namibiern arbeitete. Ihr gefiel der Name. In Namibia treffen wir häufig auf Deutschsprachige. Es sind Familien, die seit der Zeit der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwest“ blieben und Namibier wurden.

Eine große, blonde Frau mit wilden Locken empfängt uns am Flughafen in Windhoek. „Ich heiße Marion und bin deutschstämmige Namibierin“, stellt sie sich vor. „Und das ist unser Fahrer, er heißt Helmut.“ Offensichtlich kennt der Schwarzafrikaner die Wirkung seines Namens, denn breit grinsend und kichernd nimmt er unsere Koffer entgegen. Später erfahren wir, dass seine Mutter bei deutschstämmigen Namibiern arbeitete. Ihr gefiel der Name. In Namibia treffen wir häufig auf Deutschsprachige. Es sind Familien, die seit der Zeit der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwest“ blieben und Namibier wurden.


Christuskirche in Windhoek
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Während der Fahrt in nördliche Richtung erfahren wir von Marion Grundinformationen über Namibia: Das Land ist doppelt so groß wie Deutschland, hat 2 ½ Millionen Einwohner, zwölf ethnische Volksgruppen plus Weiße. Auf jede Frau kommen 6-11 Kinder. Das größte Problem ist Armut und fehlende Bildung, 18-20% sind HIV-positiv. Die Wirtschaft besteht aus vier Säulen: Bergbau, Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus.

Unser Ziel ist der Caprivizipfel, im Nordosten des Landes. Durch die enormen Entfernungen machen wir Zwischenstopps. In Okonjima besuchen wir die AfriCat Stiftung, eine Organisation, die sich um den Erhalt von Großkatzen sorgt. Hier kümmert man sich um verletzte und verwaiste Tiere, erforscht ihre Gewohnheiten. Während einer kurzen Wildbeobachtungstour können wir Geparden beobachten, die schläfrig sich im Schatten rekeln.


Geparden
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Der nächste Zwischenstopp ist am Waterberg Plateau, 48 km lang, 15 km breit. Unter diesem 200 m aufragenden roten Felsblock übernachten wir in einer Lodge, mit gigantischem Blick auf den Felsen.

Die schmale 450 km lange Landzunge, der Caprivizipfel, wird begrenzt durch die Flüsse Okavango, Coando und Sambesi. Es ist ein sehr fruchtbares Gebiet, wodurch eine Vielfalt von Tieren hier leben. Wir beobachten zahlreiche Elefanten, Zebras, Gnus, Büffel, Giraffen und Paviane. In den Flüssen tummeln sich grunzende Flusspferde, manch Baumstamm entpuppt sich als Krokodil.

In der Mahangu Safari Lodge am Okavangu haben wir unser Ziel erreicht, wir werden von Fidi Albers bereits erwartet. Fidi ist ebenfalls Namibier mit deutschen Vorfahren. „Wenn man hier aufwächst, ist Naturschutz Teil der Erziehung.“ Er lebt in einer selbstgezimmerten Hütte mitten im Bwabwata-Nationalpark, Teil des weltgrößten Schutzgebietsnetzwerks KAZA. Allabendlichen ziehen Herden von Gnus und Elefanten an seiner Behausung vorbei zum Fluss.


Jagen mit Pfeil und Bogen
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Fidi hat sich dem Volk der Khwe verschrieben, einem Volk der San, die früher Buschmänner genannt wurden. „Überall wurden Einheimische aus Schutzgebieten verdrängt. Sie verloren ihre Wurzeln, ihre Herkunft, ihre Identität, ihren Stolz, und wir verloren ihr Wissen. Im Naturschutz wurde der Mensch vergessen. Wir wollen das ändern. Die Menschen, die mit wilden Tieren leben, müssen auch von ihnen leben können. Wir möchten den 6000 Khwes, die im Bwabwata leben, Überlebensmöglichkeiten geben und zwar durch ihr uraltes Wissen!“ Da den Khwe das Jagen verboten wurde, droht ihr Wissen verloren zu gehen. „Dabei haben die Khwe ein Naturwissen wie kaum ein anderes Volk, sie kennen jedes Tier, jedes Blatt, jede Spur im Sand.“

Fidi hat uns zu sich eingeladen. Um ein Lagerfeuer herum hocken wir gemeinsam mit sieben Khwe, die uns auf den morgigen Tag vorbereiten, denn dann geht es auf die Pirsch, um in die Kunst des Spurenlesens eingeweiht zu werden.

„Wir wollen, dass das Wissen der Khwe erhalten bleibt und möchten durch wissensdurstige Touristen ihnen ein Einkommen ermöglichen.“ Fidi, der Naturfan, ist begeistert von der Idee, so den Jägern und Sammlern Würde und Einkommen zu ermöglichen. „Vor einigen Jahren wurde in einer Lodge eingebrochen, der wichtige Computer wurde gestohlen. Der Direktor hatte die Idee, uns als Spurenleser einzusetzen. Wir haben die Spur 12 km verfolgt, den Dieb gestellt“, berichten stolz die beiden Khwe Alfred und Benson.


Mit den Khwe auf Spurensuche
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Den folgenden Tag verbringen wir mit den Fährtenlesern im Busch. Und sind fasziniert! Es wird durch den Abdruck nicht nur das Tier erkannt, wann es da war, ob weiblich oder männlich, sondern auch ob es in Eile oder in Ruhe war, satt oder hungrig, alt oder jung. Ein schleifender Gang sagt aus, dass das Tier schwach ist. Hier setzt die Jagdtechnik der Khwe ein, die Ausdauerjagd. Sie verfolgen die Spur über mehrere Stunden und Kilometer, bis das Tier müde wird und stehen bleibt. Das ist der Moment, wo der Jäger das Tier mit dem Speer erlegt.


Khwe-Frau Mary Mandalla
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Aber dieses Volk kennt nicht nur das Verhalten der Tiere, Frauensache ist die Botanik. Thiku und Mary Mandalla zeigen uns diverse vertrocknete Blätter, die aber für das Volk Medizin sind. Nicht nur gegen Kopfschmerzen und Durchfall, auch gegen mentale Krankheiten sollen sie wahre Wunder wirken.


Flusspferd im Abendlicht
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Nach einem erfüllten Tag kehren wir zurück in die Lodge, begeistert von dem umfassenden Naturwissen. Bis tief in die Nacht sitzen wir auf der Veranda, begleitet vom Grunzen der Flusspferde, um das Erlebte gemeinsam zu verarbeiten.

Informationen:
Mit den Khwe auf Spurensuche bieten folgende Veranstalter als Studienreise an: www.drtigges.de, www.gebeco.de

Infos Namibia Tourism Board www.namibia-tourism.com