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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Beeinträchtigung durch neuen Kommunalen Finanzausgleich

von Ilse Romahn

(27.04.2015)  Mit der geplanten Reform des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) wird das Land grundsätzlich zwar den Anforderungen des Staatsgerichtshofes gerecht. Nach Einschätzung der hessischen Industrie- und Handelskammern ist jedoch eine Reihe von Neuregelungen des KFA verbesserungsbedürftig. Insbesondere die Erhöhung der Nivellierungshebesätze sehen die IHKs kritisch.

Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft hessischer IHKs, Matthias Gräßle, und der Federführer Steuern der Arbeitsgemeinschaft, Dr. Matthias Leder, erläuterten am Montag in Frankfurt am Main die Stellungnahme der IHK Arbeitsgemeinschaft zur KFA-Reform. „Die hessische Wirtschaft ist in erheblichem Umfang von der Regelung betroffen, denn sie ist auf handlungsfähige und auskömmlich ausgestattete Kommunen angewiesen. Es ist daher auch im Interesse der Wirtschaft, dass der Finanzbedarf der Kommunen angemessen ermittelt und abgedeckt wird“, erklärten die IHK-Vertreter. Zudem finanziert die Wirtschaft über die Gewerbesteuer zu einem großen Teil die kommunalen Ausgaben.

Der Hessische Staatsgerichtshof hatte 2013 in seinem Urteil zur Klage der Stadt Alsfeld gegen das hessische Finanzausgleichgesetz aus dem Jahr 2011 vor allem vorgegeben, den zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzbedarf der Kommunen zu bestimmen. Aus diesem Bedarf ist unter Berücksichtigung der eigenen Einnahmen der Kommunen und bislang nicht genutzter Einnahmepotenziale die erforderliche Finanzausstattung abzuleiten. Diese Ausstattung ist den hessischen Kommunen vom Land zu gewährleisten.

Das Land Hessen steht damit vor der Aufgabe, einen Systemwechsel im Finanzausgleich zu bewerkstelligen: Weg vom bisherigen Verbundansatz mit pauschalen Schlüsselzuweisungen hin zu einem System, das den Bedarf der Kommunen ermittelt und dann bei diesen für eine auskömmliche Finanzierung sorgt. Darüber hinaus hat das Land - wie die Kommunen - seine eigene Schuldenbremse zu erfüllen, wofür es in den kommenden Jahren noch kräftige Anstrengungen unternehmen muss. Offen ist zudem, wie das Ringen um einen neuen Länderfinanzausgleich ausgeht. Neue Belastungen würden auf das Land dann zukommen, wenn das Bundesverfassungsgericht zum Beispiel entscheidet, dass 100 Prozent der Steuereinnahmen der Gemeinden in die Finanzkraftmesszahl eines Bundeslandes eingehen.

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen wird nach Ansicht der IHK Arbeitsgemeinschaft Hessen das Land der Verpflichtung des Hessischen Staatsgerichtshofs, einen bedarfsgerechten Finanzausgleich vorzulegen, grundsätzlich gerecht. Zum ersten Mal in der Geschichte Hessens wird der Bedarf der hessischen Kommunen und Landkreise durch umfangreiche Erhebungen und Berechnungen ermittelt. „Das systematische Vorgehen und die Offenlegung der Annahmen, auf denen die Berechnungen erfolgen, verdienen Respekt“, sagten die IHK-Vertreter.

Grundsätzlich könne festgehalten werden, dass das Land mit dem Reformmodell versucht hat, dass es möglichst wenige Verlierer geben wird. Der sogenannte Festansatz im kommunalen Finanzausgleich soll in vertikaler Hinsicht durch einen Stabilitätsansatz ergänzt werden. Dadurch erhalten die Kommunen und Landkreise höhere finanzielle Sicherheiten. Das neue Finanzausgleichsmodell bedeutet für die Kommunen und Kreise insgesamt eine Verbesserung zur alten Regelung. Den Kommunen wird mittel- und langfristig eine Mindestfinanzausstattung in Höhe von etwa 95 Prozent der im Jahr 2014 zur Verfügung stehenden allgemeinen Deckungsmittel - eigene Steuereinnahmen plus KFA - garantiert.

Die geplante Erhöhung der Nivellierungshebesätze im KFA lehnt die IHK Arbeitsgemeinschaft jedoch ab. „Dies schädigt letztlich den Wirtschaftsstandort Hessen“, erklärten die IHK-Vertreter. Die Nivellierungshebesätze bewirken, dass die Steuerkraft bei den Realsteuern für alle Kommunen einheitlich auf die Basis derselben Hebesätze gestellt wird. Es sei zu erwarten, dass die hessischen Kommunen ihre Hebesätze auf das Niveau der Nivellierungshebesätze erhöhen werden. Damit würden sie verhindern wollen, Nachteile im Kommunalen Finanzausgleich zu erfahren. „Wir befürchten, dass mit einer Erhöhung der Nivellierungshebesätze im KFA in Verbindung mit den Vorgaben des Landes für defizitäre Kommunen und Kommunen des Kommunalen Schutzschirms eine kommunale Steuererhöhungsspirale ausgelöst werden könnte.“ Zwar sollen die Nivellierungshebesätze im KFA für fünf Jahre festgeschrieben werden. Für defizitäre Kommunen gilt jedoch die Vorgabe des Landes, dass die Realsteuerhebesätze zehn Prozent über dem durchschnittlichen Hebesatz vergleichbarer Kommunen liegen müssen. Und hier erfolgt keine Festschreibung auf fünf Jahre. „Somit ist zu erwarten, dass sich die durchschnittlichen Hebesätze kontinuierlich nach oben entwickeln werden.”

Kritisch sehen die hessischen IHKs auch die geplante Solidaritätsumlage. Diese bedeutet, dass steuerstarke Kommunen einen Teil ihrer Einnahmen zur Finanzierung des KFA abführen müssen. Dies kann dazu führen, dass Kommunen nach Zahlung der Solidaritätsumlage Schulden aufnehmen müssen, die ohne Zahlung der Solidaritätsumlage einen ausgeglichenen Haushalt oder sogar Überschüsse gehabt hätten. Eine derartige Situation entspreche weitgehend derjenigen, die das Land Hessen beim Thema Länderfinanzausgleich (LFA) beklagt. Danach würde das Land Hessen schon seit längerem Überschüsse erwirtschaften, wenn es nicht so hohe Ausgleichszahlungen an finanzkraftschwächere Bundesländer zahlen müsste. Aus Sicht der IHK Arbeitsgemeinschaft ist diese Klage der hessischen Landesregierung zum LFA berechtigt. „Es stellt sich deshalb die Frage: Warum führt die Landesregierung mit der Solidaritätsumlage im KFA eine dem Leistungsprinzip widersprechende Umlage ein, die sie im LFA zu Recht beklagt?“

Die beabsichtigte Vereinfachung des KFA wird nach Einschätzung der hessischen IHKs nicht erreicht. „Wir haben Zweifel, ob durch das neue KFA-Modell eine Vereinfachung und eine höhere Treffsicherheit erreicht werden.“ Dies zeige auch die breite Kritik auf Seiten der Kommunalen Spitzenverbände, der Kommunen und der Landkreise. Zudem zeigten die Nachbesserungen von Januar 2015, dass das KFA-System durch zusätzliche Ergänzungsansätze noch weiter aufgebläht und das Regelwerk noch unübersichtlicher wird.

Der vom Land für die KFA-Reform 2016 vorgesehene Metropolzuschlag für die Stadt Frankfurt in Form einer Einwohnergewichtung in Höhe von 110 Prozent greift nach Ansicht der IHKs die Aufgaben und Lasten der hessischen Metropole nur unzureichend auf und fällt – trotz geringfügiger Nachbesserung - zu gering aus. Die Höhe des Zuschlags sollte deshalb erneut überdacht werden.