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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Adel, Volk, Tod und das Meer

Die Verdi - Oper “Simon Boccanegra” in Frankfurt

von von Ingeborg Fischer und Karl-Heinz Stier

(28.04.2015)  Die Inszenierung begann ungewöhnlich. Da sich der Musikalische Leiter Carlo Montanaro nicht verbeugte, konnte er nicht mit Applaus begrüßt werden. Eine dunkle, unbeleuchtete Bühne verlangte dem Publikum viel Geduld ab. Dann ward Licht, und der Opernchor und die Solisten stehen eng aneinandergereiht, tonlos, mit starrem Blick in schwarzen oder grauen Kleidern und Anzügen gefühlte 4-5 Minuten in den Kulissen–Gestänge, die an eine Fabrik gemahnen. Es ist fast Erlösung, als der Prolog mit Verdis Musik und Gesang anfängt.

Bürgerkrieg in Genua, das Volk will den Adel stürzen, und der Korsar Simon Boccanegra (Christopher Maltman) lässt sich vom Volksvertreter Paolo Albani (Gianfranco Montresor) überreden, für das Amt des Dogen zu kandidieren. Er erhofft sich, seine Geliebte Maria - die Tochter des mächtigen Patriziers Fiesco (Bálint Szabó) – mit der er ein uneheliches Kind hat, heiraten zu können und will sich mit ihrem Vater versöhnen. Das Volk wählt Boccanegra und zur gleichen Stunde stirbt Maria.


Simon Boccanegra und seine tote Geliebte
Foto: Wolfgang Runkel
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Das Kind jedoch ist verschwunden. Der neue Doge entmachtet schon kurz nach seinem Amtsantritt unversöhnlich Fiesco und die Patrizier und verbannt sie.

3 Akte - 25 Jahre später: Boccanegra und Fiesco haben sich symbolisch ihre Perücken abgesetzt, sind aber weder gealtert noch leicht zu unterscheiden.

Für den unbedarften Operfreund, der sich sehr an Verdis Musik und dem hohen Niveau der Sänger erfreute, war es äußerst schwierig, die Protagonisten, alle fast gleich gewandet, zuzuordnen, und... wer war, dargestellt vom beeindruckenden Opern-Chor, das Volk und wer gehörte zum Adel?

Das Drama nimmt seinen Fortgang. Das verschwundene uneheliche Kind, eine Tochter-Amelia- (Guanqun Yu), wurde als Waise in die Patrizierfamilie Grimaldi aufgenommen. Vater und Tochter erkennen einander, wahren das Geheimnis und ihr eifersüchtiger Geliebter, der Patriziersohn Gabriele Adorno (Wookyung Kim), verbündet sich mit dem Großvater Fiesco gegen den Dogen. Volk und Adel kämpfen blutig gegeneinander. Das nimmt die Dekoration durch ein großes rotes Tuch – einer der wenigen Farbtupfer der Aufführung- auf und symbolisiert so das Blutvergießen. Man erinnerte sich an das Bühnenbild bei Don Giovanni an der Oper Frankfurt? -

Als die Volkspartei gesiegt hat, sieht sich Boccanegra abermals bestätigt. Seine Sehnsucht nach Frieden und dem Meer ist musikalisch durchgehendes Thema. Die spärliche Bühnendekoration nimmt das Meer als Motiv mit einem zarten Vorhang auf und kann dadurch den Zauber von Verdis Musik noch vertiefen.


Simone Boccanegra und sein Wegfährte Paolo Albiani
Foto: Wolfgang Runkel
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Paolo – verbittert und eifersüchtig – vergiftet letztendlich den Dogen und langjährigen Weggefährten und wird selbst zum Tode verurteilt. Amelia und Adorno jedoch sind mit dem Segen des Vaters ein Paar und der Friede – auch zwischen Volk und Adel - hat gesiegt?

Die Oper fiel bei der Uraufführung 1857 in Venedig beim Publikum gnadenlos durch und wurde dann in einer 2.Fassung von Verdi neu bearbeitet. Diese Fassung ist heute an den Opernhäusern – so auch in Frankfurt – üblich.

Carlo Montanaro als musikalischer Leiter hat einmal mehr mit seinem Orchester alle Höhen und Tiefen von Verdis Musik herausgearbeitet und erhielt beim Premierenpublikum stürmischen Beifall. Bravo! Die Sopranistin Guanqun Yu wurde ebenfalls umjubelt, wobei anzumerken ist, dass sie in manchen Passagen in der Höhe zu spitz und für manchen Musiktheater-Freund denn doch zu dramatisch sang. Ansonsten: Chapeau vor dem Ensemble des Premieren-Abends. Es war eine gesangliche Leistung ohne Fehl und Tadel.

Christof Loy hat mit seiner Inszenierung– wie meist – das Publikum strapazieren wollen, und das ist ihm wieder einmal gelungen, aber es war dennoch oder gerade deshalb ein unvergessliches Erlebnis!

Weitere Vorstellungen:
Oper für Familien 15.30 Uhr am 2.,9.und 17.Mai 2015
Am 31.Mai und 6. und 12.Juni 2015 jeweils um 19.30 Uhr

Karten sind an den üblichen Vorverkaufsstellen oder online unter www.oper-frankfurt.de oder telefonisch (069)2124949 4erhältlich