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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Strom - regional, grün und günstig! Wie geht das denn?

von Ilse Romahn

(29.01.2015)  Zur Umsetzung der Energiewende und zur Optimierung der Energieversorgung ist mehr Flexibilitätsmanagement erforderlich. „In der Erschließung von unterausgelasteten dezentralen Ressourcen wie BHKWs, Wärmepumpen oder Photovoltaik-Anlagen mittels Auswertung von Energieinformationen und Datenanalysen liegen unendliche Potenziale für die Steigerung der Effizienz unseres Energiesystems“, sagte Prof. Dr. Jens Strüker, Geschäftsführer des Instituts für Energiewirtschaft an der Hochschule Fresenius, Idstein, zum Auftakt der Diskussionsveranstaltung „Strom - regional, grün und günstig! Wie geht das denn?“ in der IHK Frankfurt.

Aus Sicht von Prof. Strüker werde z.B. das Lastverschiebungs- und Speicherpotenzial in Gebäuden bislang nicht ausreichend genutzt. Die damit verbundene Flexibilität stelle ein Wirtschaftsgut dar, das Grundlage für eine erhöhte Energieeffienzienz und für neue Geschäftsmodelle sei. Neben dem Einsatz als Regelenergie trete auch die ökonomische Nachfragesteuerung als Kapazitätsressource zur Spitzenlastabdeckung hinzu. In der Metropolregion FrankfurtRheinMain seien hier schon einige vielversprechende Pilotprojekte auf dem Weg, sagte Prof. Strüker.

Eine Voraussetzung dafür sei der zeitnahe Austausch der Erzeugungs- und Verbrauchsdaten unter den Partnern auf der lokalen Ebene und mittels Preissignale über die Energiemärkte. „Geteilte Energiedaten sind doppelte Freude.“ Auch ohne die Subventionen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) seien einige dieser Projekte schon wirtschaftlich rentabel, etwa lokale Energienetze (sog. Arealnetze oder Microgrids) oder Mieterstrom-Modelle. Da die Potenziale sich nur schrittweise erschließen, sei es ratsam, auch auf regionaler Ebene viele Entdeckungsverfahren in Gang zu setzen und Erfahrungen mit Energiedaten zu sammeln, die u.a. intelligente Zähler (sog. Smart Meter) liefern würden. Die neue Devise laute: Lasst uns zuerst Informationen über Angebot und Bedarf von Wärme und Strom vor Ort erheben und dann schauen, wann und wie viel Strom eingespeist oder bezogen werden soll.

Die neue Veranstaltungsreihe „Energiewende quo vadis?“ wird vom Regionalverband FrankfurtRheinMain und der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main ausgerichtet. Beide wollen erkunden, welche regionalen Potenziale sich aus der Energiewende für mehr Klimaschutz und neue Geschäftsmodelle ergeben. Verbandsdirektor Ludger Stüve hob die Bedeutung des Klimaschutzes hervor.

„An der Erderwärmung und den daraus resultierenden Konsequenzen kommt niemand mehr vorbei. Klimaschutz kostet Geld, schafft aber auch Mehrwert. Selbst China hat erkannt, dass das Wachstum der Volkswirtschaft auf Dauer nicht durch rücksichtslosen Umgang mit der Umwelt erkauft werden kann.“ Der Regionalverband suche eine Antwort auf die Frage, wie die Kosten-Nutzen-Relation der Energiewende in ein vernünftiges Gleichgewicht gebracht werden kann.

IHK-Geschäftsführer Detlev Osterloh sagte, der beste Beitrag zum Klimaschutz sei jeweils das Kilowatt, das aufgrund effizienter Produktionsprozesse erst gar nicht verbraucht werde. Allerdings dürfe man nicht erwarten, dass der Strombedarf in der industriestarken Region FrankfurtRheinMain so schnell durch erneuerbar erzeugten Strom aus der Region komplett befriedigt werden könne. Die Industrie als großer Wärmeerzeuger sei nicht nur ein Verbraucher, sondern auch ein wichtiger Lieferant von Energie. In der Nutzung der industriellen Wärmeenergie lägen weitere Potenziale für den besseren Klimaschutz in der Region.

In der Veranstaltung kritisierte Dr. Clemens Christmann, Geschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), die milliardenschweren Subventionen durch das EEG. Diese verteuerten den Industriestandort Deutschland und verursachten Verlagerungen von Investitionen der Industrie ins Ausland. Ein intelligenter Umbau der Energieversorgung hin zu erneuerbarer Erzeugung und mehr Energieeffizienz sei richtig, dürfe aber nicht weiter zu Lasten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Unternehmen gehen.

Christmann forderte, den Ausbau von Windkraft, Biomasse und Photovoltaik zukünftig nur noch indirekt zu fördern. Für neue Anlagen dürften keine Einspeisevergütungen über 20 Jahre mehr zugesagt werden. Stattdessen solle der Staat die Energieversorger verpflichten, von Jahr zu Jahr einen wachsenden Anteil an Ökostrom zu vermarkten. Dies bringe die Energiewende weiter voran und sorge für mehr Wettbewerb zwischen Energieträgern, Techniken, Regionen und Anlagegrößen, sagte Christmann, der sich davon preisdämpfende Effekte erhofft.

Michael Häußer, Geschäftsführer der Luftstrom Energiegesellschaft in Mühlheim und Vorsitzender des Regionalverbands Südhessen des Bundesverbandes für Windenergie (BWE), warb für die verstärkte Nutzung der Windenergie-Potenziale in der Region. Die Windenergie sei ein wichtiger Betrag zur dezentralen Energieversorgung, wodurch kostspielige überregionale Versorgungsnetze kleiner ausfallen könnten. Dezentrale Energieversorgung mittels Windkraftanlagen verbunden mit lokaler Wertschöpfung für die Kommunen und Bürgerbeteiligung seien wichtig für die Verankerung und Akzeptanz der Windkraft in der Region. Häußer plädierte für eine verstärkte Forschung, Förderung und Ausbau der lokalen Stromspeicherung, damit der fluktuierende Wind- Sonnenstrom und andere alternative Energieträger den Ansprüchen an eine verlässliche Energieversorgung gerecht würden.

Die Präsentation des Vortrags von Prof. Strüker finden Sie unter diesem Link http://www.frankfurt-main.ihk.de/presse/meldungen/2015/17044/index.html oder direkt www.frankfurt-main.ihk.de/strom_regional

Die nächsten Veranstaltungen dieser Reihe finden statt am 24. März 2015 zum Thema "Wie Stadtwerke die Energiewende nutzen" und am 10. Juni 2015 zum Thema "Energie ernten und Betriebskosten senken".