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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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,Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet sind unsere Heimat‘

Mainova-Chef Constantin H. Alsheimer blickt im Interview auf 2017 zurück und wagt einen Blick in die Zukunft

von kus/Mirco Overländer

(09.02.2018) Seit 2009 bekleidet Constantin H. Alsheimer bei dem Energieversorger Mainova den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Im Interview mit KUS-Redakteur Mirco Overländer erklärt der promovierte Jurist, wie sich die Mainova auf dem Energiemarkt aufzustellen gedenkt und was die Herausforderungen der nächsten Jahre sein werden.

Constantin H. Alsheimer
Foto: KuS
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Herr Alsheimer, im 1. Halbjahr 2017 wies die Mainova ein Ergebnis vor Ertragsteuern von 57,6 Millionen Euro auf. Zudem hat Ihr Unternehmen allein in der ersten Jahreshälfte 28.000 neue Strom- und Gaskunden gewonnen. Hat sich diese Entwicklung auch im zweiten Halbjahr 2017 fortgesetzt?

CONSTANTIN H. ALSHEIMER: Der Energiemarkt in Frankfurt gehört zu den am härtesten umkämpften Märkten Deutschlands. So können beispielsweise Stromkunden zwischen 180 Anbietern und 800 Tarifen wählen. In diesem intensiven Wettbewerb haben wir uns erfolgreich behauptet. Die gute Entwicklung aus dem ersten Halbjahr hat sich allein mit dem Blick auf die Kunden in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt. Unser Gesamtkundenbestand ist im Jahr 2017 um mehr als 40.000 Kunden gewachsen. Erstmals haben wir die Marke von 700.000 Kunden übertroffen. Das zeigt: Wir bieten attraktive Preise, faire Bedingungen und guten Service. Hinzu kommt unser regionales Engagement. Unsere Kunden vertrauen uns.

Werten Sie das Geschäftsjahr 2017 also als Erfolg, auf den sich trotz schwieriger Rahmenbedingen aufbauen lässt?

ALSHEIMER: Für ein Fazit ist es noch zu früh. Wir sind mitten im Jahresabschluss und legen unser Ergebnis bei unserer Bilanzpressekonferenz im April vor.

Der Wirtschaftsstandort Frankfurt/Rhein-Main wächst rasant. Zudem ziehen jährlich Tausende Neu-Frankfurter in die Stadt. Wie wirken sich diese infrastrukturellen Herausforderungen auf Profit, Leistungsfähigkeit und Versorgungszuverlässigkeit Ihres Stromnetzes aus?

ALSHEIMER: Das enorme Wachstum in der Stadt und Region stellt einen hohen Anspruch an die Leistungsfähigkeit und Versorgungssicherheit der Energieversorgung. Dabei stellen die Energie- und Wassernetze in unserem Netzgebiet die Lebensadern dieses prosperierenden Standorts dar. Und unsere Energie ist der Treibstoff für die wirtschaftliche Entwicklung des Rhein-Main-Gebietes. Wir investieren daher jedes Jahr konsequent in den Erhalt, die Ertüchtigung und den Ausbau der Netz- und Erzeugungsinfrastruktur in Frankfurt und der Rhein-Main-Region, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Unsere Netze gehören bereits heute zu den zuverlässigsten im Bundesvergleich. Nur sechs Minuten betrug beispielsweise die durchschnittliche Unterbrechungsdauer je Kunde im Jahr 2016, während der bundesweite Schnitt bei 12,48 Minuten lag. Die zuverlässige Versorgung der Stadt, der Unternehmen und aller Frankfurter mit Energie hat bei uns oberste Priorität. Und mit dem Ausbau der Infrastruktur schaffen wir die Voraussetzung für weiteres Wachstum.

2018 feiert die Mainova 20-jähriges Bestehen. Wie gedenken Sie, diesen Geburtstag zu begehen?

ALSHEIMER: Wir haben sogar doppelten Grund zur Freude: 2018 wird nicht nur die Mainova AG 20 Jahre alt. Die Energieerzeugung in Frankfurt feiert sogar 190. Geburtstag – 1828 haben unsere Vorgängerunternehmen Frankfurt erstmals mit Gas versorgt. Heute sind wir der größte Energiedienstleister in Hessen und beliefern mehr als eine Million Menschen mit Strom, Gas, Wärme und Wasser. Wir blicken dieses Jahr jedoch nicht nur zurück, sondern vor allem nach vorne und in die Zukunft. Digitalisierung, Dezentralisierung, Dekarbonisierung, demographischer Wandel und das Wachstum der Stadt Frankfurt und Rhein-Main-Region – alle diese Trends treiben den Wandel der hiesigen Energiebranche und damit auch uns. Hierzu positionieren wir uns aktuell mit einer neuen Unternehmensstrategie, von der auch unsere Kunden profitieren werden.

Sind für dieses Jahr nennenswerte infrastrukturelle Investitionen geplant oder reicht das bestehende Netz aus, um mit dem Wachstum der Stadt Schritt zu halten?

ALSHEIMER: Allein in den vergangenen fünf Jahren haben wir rund 340 Millionen Euro in unsere Netze investiert – rund ein Drittel davon floss in die Stromnetze. Diesen Weg setzen wir fort. Unsere Energieinfrastruktur soll und wird mit der rasanten Entwicklung und dem dynamischen Wachstum in der Region mithalten. Hierfür fühlen wir uns verantwortlich. Und diese Verantwortung ist unser Ansporn! Mehrere Großprojekte werden uns dieses und in den kommenden Jahren beschäftigen. So modernisieren wir beispielsweise ein großes Umspannwerk im Frankfurter Norden im laufenden Betrieb. Zusätzlich werden wir die Netze im Frankfurter Osten weiter stärken, um den gestiegenen Kundenansprüchen gerecht zu werden. Darüber hinaus schließen wir das neue Terminal 3 am Flughafen an unser Stromnetz an. Mit diesen und weiteren zukunftsweisenden Investitionen legen wir die Grundlagen für weiteres Wachstum und die Versorgungszuverlässigkeit für unsere Kunden.

Als einer der größten regionalen Energieversorger Deutschlands beschränkt sich das Geschäft der Mainova längst nicht mehr auf Strom und Gas, sondern umfasst auch Dienstleistungen wie Mieterstrom, Photovoltaik-Eigenstrom oder E-Mobilität. Wo sehen Sie bei diesen Segmenten die größten Wachstumspotenziale?

ALSHEIMER: Wir entwickeln kontinuierlich neue Produkte, um unseren Kunden attraktive Angebote zu unterbreiten. Beispielsweise kooperieren wir über Energieeffizienz-Netzwerke mit der hiesigen Immobilienwirtschaft und großen Unternehmen. Aus diesen Impulsen heraus haben wir unsere Eigenstromprodukte weiterentwickelt. Hierzu zählt das sogenannte Mieterstrommodell. Das bedeutet, dass wir Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern planen, bauen, finanzieren und betreiben. Der Strom wird vor Ort von den Mietern direkt verbraucht. Wir sind Marktführer in der Region. Fast 90 Mieterstrom-Anlagen mit mehr als 1.500 Kilowatt peak Anschlussleistung arbeiten bereits. Hier sehen wir auch weitere Wachstumschancen. Zusätzlich bieten wir für Privathaushalte eine Kombination aus Photovoltaikanlage auf dem Dach und einem Batteriespeicher im Keller an. Dieser selbst erzeugte Strom kann auch für das Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden. Mit unseren E-Mobilitäts-Angeboten fördern wir zudem den Aufbau einer Ladeinfrastruktur im privaten und halb-öffentlichen Bereich. Wir wollen es unseren Kunden ermöglichen, ökologisch und wirtschaftlich ihre Energie vor Ort zu erzeugen und zu verbrauchen. Die Angebote stoßen auf großes Interesse.

Wird die Mainova auch in Zukunft ein regionaler Energieversorger bleiben oder erwägen Sie, ihre Tätigkeit stärker auf Bundesebene sowie ins Ausland auszuweiten?

ALSHEIMER: Mainova ist kein klassischer Regionalversorger in dem Sinne, dass wir unsere Produkte ausschließlich in einem regional abgrenzbaren Gebiet anbieten. Dies zeigt bereits ein Blick in unsere Geschichte. So waren wir 2006 das erste Stadtwerk, das im Zuge der Liberalisierung Gas außerhalb seines angestammten Vertriebsgebiets und außerhalb des eigenen Bundeslandes verkauft hat. 2007 gehörten wir zu den ersten Anbietern von reinen Online-Tarifen für Strom und Erdgas. Diesen Weg haben wir seither konsequent weiter verfolgt. So reicht unser Vertriebsgebiet im Privatkundensegment aktuell bis nach Oldenburg. Dabei entscheiden wir hinsichtlich der Ausweitung unseres Vertriebsgebiets stets nach unternehmerischen Gesichtspunkten. Unser Geschäftskundenvertrieb ist ohnehin bundesweit aktiv. Bei all diesen Aktivitäten vergessen wir aber nicht, wo wir herkommen: Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet sind unsere Heimat. Wir sind also ein bundesweit aktiver Energieversorger mit regionalen Wurzeln.

Man liest immer wieder, dass die von der Bundesregierung ausgerufene Energiewende zu langsam vonstattengehe. Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung und welche bundespolitischen Schritte wären hilfreich, um den Prozess zu beschleunigen?

ALSHEIMER: Mainova steht aus Überzeugung zur Energiewende und zum Klimaschutz. Die Energiewende hat inzwischen zu einem starken Ausbau der erneuerbaren Energien geführt. Sie decken inzwischen fast 40 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland. Zugleich sind die CO2-Emissionen in den letzten Jahren nur marginal zurückgegangen. Das liegt unter anderem daran, dass der EEG-Subventionsmechanismus dazu geführt hat, dass hocheffiziente, emissionsarme Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt wurden. Gleichzeitig laufen die klimaschädlichsten Kraftwerke, nämlich die Braunkohlekraftwerke, rund um die Uhr – obwohl Gaskraftwerke weit weniger CO2 ausstoßen und flexibler hoch- und runtergefahren werden können, um beispielsweise die schwankende Einspeisung von erneuerbaren Energien auszugleichen. Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Denn solange wir neben erneuerbaren Energien fossile Kraftwerke für die Versorgungssicherheit brauchen, müssen das diejenigen mit den geringsten CO2-Emissionen sein.

Zur Person
Dr. Constantin H. Alsheimer (48): Bankkaufmann, Studium der Rechtswissenschaften, Promotion zum Doktor der Rechte. Begann seine berufliche Tätigkeit als Rechtsassessor im Geschäftsbereich Structured Finance bei einer Investmentbank in Frankfurt am Main. Er wechselte in den öffentlichen Dienst und arbeitete als Leiter des Büros des Stadtkämmerers der Stadt Frankfurt am Main. Als solcher versah er zeitweise auch die Funktion des Vorsitzenden des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung der DSM Deutsche Städte-Medien GmbH, Frankfurt am Main. Von 2002 bis Mitte 2006 war Dr. Alsheimer zudem Geschäftsführer der AVA Abfallverbrennungsanlage Nordweststadt GmbH, die mit dem Ausbau der Anlage zu einem hochmodernen Müllheizkraftwerk beauftragt war. 2006 wechselte Alsheimer zur Mainova. Von 2006 bis 2008 war der promovierte Jurist zunächst Vorstandsmitglied des Energieversorgers, seit 2009 bekleidet er den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Von 2006 bis 2017 übte Alsheimer parallel das Amt des Geschäftsführers der Stadtwerke Frankfurt Holding GmbH in Nebentätigkeit aus.