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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Expo Real 2017: Hochhausquartiere setzen neue Maßstäbe

von Ilse Romahn

(09.10.2017) Der Brexit wird auch die Frankfurter Skyline wachsen lassen. „Mit den Banken und Finanzdienstleistern, die sich bereits für den Umzug von London an den Main angemeldet haben, steigt die Nachfrage nach Büroraum im Bankenviertel von Frankfurt. Ein sichtbarer Effekt davon wird der weitere Zuwachs an Hochhäusern sein“, sagt Prof. Dr. Mathias Müller, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main.

Neben dieser positiven Entwicklung muss aus Sicht einer nachhaltigen Standortentwicklung aber auch auf die schleppende Aktivierung von Gewerbestandorten und die ungenügende Wohnbautätigkeit, insbesondere in einigen umliegenden Kommunen, hingewiesen werden.

„Mit mehr als 30 Gebäuden mit einer Höhe von mehr als 100 Metern hat die Mainmetropole sicher bereits heute die eindrucksvollste Skyline Deutschlands“, so Prof. Dr. Müller. Als nächste Städte haben Berlin und Köln jeweils nur rund ein Drittel so viele Gebäude dieser Größenordnung. Von insgesamt 15 Wolkenkratzern (mehr als 150 Meter Höhe) in der Republik stehen 14 in der Mainmetropole. Ein Ende des Hochhaus-Booms ist nicht in Sicht. Bis zum Jahr 2020 sind 20 Hochhausprojekte in der Bau- oder Planungsphase, darunter befindet sich der „Grand Tower“, der mit 172 Metern höchste Wohnturm Deutschlands. „Die Dynamik des Baugeschehens unterstreicht nicht nur das Alleinstellungsmerkmal der Stadt, sondern ist auch Ausdruck des politischen Willens über alle Parteien hinweg und Ausdruck der Attraktivität unserer Metropolregion.“

Der IHK-Präsident begrüßt die aktuellen Hochhauspläne, von denen einige auf der Expo Real vom 4. bis zum 6. Oktober 2017 in München vorgestellt werden. „Neben dem wachsenden Bedarf an Wohnraum ist die Bereitstellung von Büroflächen im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und der Zunahme an Beschäftigten ein erheblicher Standortvorteil im internationalen Wettbewerb um Unternehmen und Fachkräfte“.

Eine Fragestellung auf der Expo Real wird in diesem Zusammenhang sein, welche Chancen und Herausforderungen der Brexit auf den Wohn- und Büroimmobilienmarkt in Frankfurt und der Region haben wird. Den Prognosen zufolge werden rund 8.000 Bankangestellte zusätzlich hier arbeiten. „Im vergangenen Jahr wurden auf dem Frankfurter Bürovermietungsmarkt rund 540.000 Quadratmeter umgesetzt – das ist der höchste Büroflächenumsatz seit dem Jahr 2007. Auch für das laufende Jahr werden Rekordwerte erwartet“, fasst Prof. Dr. Müller die aktuellen Entwicklungen zusammen. Dies hat eine Reduzierung der Leerstandsquote auf rund neun Prozent zur Jahresmitte zur Folge gehabt, wobei die Flächenabgänge an Büroflächen aktuell nicht durch Neubau kompensiert werden können.

Galt der im Städtevergleich verhältnismäßig hohe Leerstand in Frankfurt am Main lange Zeit als Manko, wird er im Zuge des Brexit nun zum Standortvorteil. Doch der IHK-Präsident mahnt auch zur Vorsicht vor einem erneuten Anstieg der Leerstandsquote und bewertet daher die bereits getätigten Flächenreservierungen als ein positives Signal. Die Investmentbank Morgan Stanley hat bereits 8.000 Quadratmeter im Omniturm reserviert, dessen Fertigstellung für Ende 2018 geplant ist, und die Großkanzlei Baker & McKenzie wird mehrere Etagen in einem der beiden Bürotürme im „FOUR-Ensemble“ belegen.

Der stadtplanerische Aspekt, keine reinen Bürostandorte zu planen, sondern auf Durchmischung zu setzen, ist offenbar für den Erfolg der Hochhausprojekte mit verantwortlich. „Wir brauchen keinen zweiten Bürostandort wie seinerzeit in Niederrad, sondern urbane Viertel. Die derzeitige Strategie der Stadt, auf Mischquartiere, Co-Working-Spaces und die Revitalisierung von Bestandsimmobilien zu setzen, funktioniert gut“, so Prof. Dr. Müller weiter.

Grund zur Sorge bereitet dem Präsidenten der IHK Frankfurt die Stagnation bei der Entwicklung von Gewerbeflächen für die Industrie. „Bisher zeigt der Masterplan Industrie in Bezug auf das zentrale Thema Gewerbe- und Industrieflächen kaum nennenswerte Fortschritte, obwohl gerade großflächige Gewerbeansiedlungen in Frankfurt am Main de facto nicht mehr realisierbar sind. Bei einem prognostizierten Bedarf von 128 bis 178 Hektar Gewerbe- und Industrieflächen bis zum Jahr 2030, weist das räumlich-funktionale Entwicklungskonzept einen Fehlbedarf von 43 bis 93 Hektar auf“, erinnert Prof. Dr. Müller und fordert von den Verantwortlichen der Stadt, dieses Thema konsequenter zu verfolgen. Mit dem neuen interkommunalen Gewerbegebiet zwischen Frankfurt am Main und der Nachbargemeinde Maintal hat die Stadt aus Sicht der IHK Frankfurt am Main einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. „Eine prosperierende Wirtschaft braucht schnell verfügbare und bezahlbare Industrie- und Gewerbeflächen. Dabei sind ein strategisches Flächenmanagement und die Zusammenarbeit von Kommunen bei der Flächenausweisung hilfreich.“

Neben interkommunalen Gewerbegebieten ist die Wohnraumverknappung ein weiteres Thema, welches die Notwendigkeit verstärkter Kooperationen auf dem Gebiet der Flächenaktivierung unterstreicht. „Die vor uns liegenden Herausforderungen kann die Stadt nicht alleine, sondern nur gemeinsam mit den umliegenden Städten und Gemeinden lösen. Leider verstärkt sich in einigen Gemeinden der Region der Konflikt zwischen der Verwaltung, welche ihren regionalen Verpflichtungen nachkommen und Wohnungen bauen will, und Bürgern, die sich gegen jede Ausweisung von Bauland formieren.“ Der IHK-Präsident mahnt: „Die Gemeinwohlverpflichtung bedeutet auch eine Verantwortung der Allgemeinheit für den Bedarf der Betriebe, die Arbeitsplätze schaffen wollen und deren Fachkräfte Wohnungen benötigen.“

Städte wie Freiburg, Kiel oder auch München sind da schon weiter; sie alle haben in den vergangenen Jahren großflächig neue Stadtteile im Außenbereich geplant und zum Teil auch schon verwirklichen können. „Hier in der Region gibt es viele gute Ideen, die sich zu einer ganzheitlichen, regionalen Strategie mit einer abgestimmten Zusammenarbeit über die Stadtgrenzen hinaus bündeln lassen sollten. Daraus müssen in Zukunft konkrete Handlungsschritte abgeleitet werden“, fordert Prof. Dr. Müller. Ein geeignetes Gremium, das die zahlreichen Ansätze in operative Maßnahmen und Ziele in einem gemeinschaftlichen Konsens übersetzt, ist der geplante Strategierat der Metropolregion FrankfurtRheinMain.