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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Eine Brücke von 794 in die Gegenwart

Kirchendezernent Becker stellt Grobkonzept für das ökumenische Kirchenmuseum vor

von kus

(29.06.2017) Die Ausschreibung für ein ökumenisches Kirchenmuseum ist beendet. Als Gewinner ist Kunsthistoriker Pascal Heß aus der Ausschreibung hervorgegangen. Kirchendezernent Uwe Becker hat in einer Pressekonferenz am Mittwoch, 28. Juni, das Grobkonzept von Herrn Heß für die museale Nutzung des Hauses im Herzen der Altstadt vorgestellt.

Kirchendezernent und Bürgermeister Uwe Becker
Foto: Leandra Weber
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Inhaltliche Grundlage des Konzepts für das ökumenische Kirchenmuseum bildet die Frankfurter Synode von 794. Die dort gefassten 56 Beschlüsse sollen über den Bilderstreit hinaus in ihrer historischen, regionalen und kirchlichen Bedeutung visualisiert und mit zeitgenössischen Positionen ergänzt werden. Durch diesen Bezug wird das Museum ein Alleinstellungsmerkmal erhalten. Die verhandelten Fragen sollen sich dabei auf relevante, ökumenische Fragestellungen, die aus der Synode abgeleitet werden sollen, beziehen. Inhaltliche Ausstellungsthemen könnten beispielsweise Bild und Abstraktion, Migration, Macht sowie Netzwerke sein.

Neben den für religiöse Museen üblichen Besucher soll sich das Museum explizit an Heranwachsende und junge Gäste wenden. Die historischen Grundlagen des Ortes sollen dabei das Fundament für gegenwärtig relevante künstlerische, kulturelle und religiöse Fragestellungen in Frankfurt am Main bilden. Zum Thema Bilderstreit könnte sich die Rolle der Bilder als Informationsmittel stellen – „Glaube“ ich, was ich sehe?

Im kleineren Ausstellungsraum im zweiten Obergeschoss soll der historische Hintergrund szenografisch dargestellt werden. Der größere Raum soll dagegen an die Gegenwart anbinden und eine zeitgenössische Fragestellung entwickeln. Dabei soll im Zentrum die Idee stehen, dass auch ein nicht-religiöses Werk spirituelle Themenkreise berühren kann. Durch räumliche Gestaltung soll zudem eine gefühlte Kontinuität zwischen dem archäologischen Garten und dem Museum als solches etabliert werden.

Ökumene und Kirche sind dabei nicht auf historische und religiöse Kunst beschränkt. Zahlreiche zeitgenössische Künstler setzen sich intensiv mit den gleichen Fragen auseinander, die auch in der Ökumene und im Glauben eine Rolle spielen: Transzendenz, Erlösung, Schmerz, Liebe. Das Museum soll diese nicht religiösen Werke auf ihre Spiritualität untersuchen und mit der historischen, ortstypischen Fragestellung in Verbindung setzen.

Die zentrale Lage und das offene Konzept des ökumenischen Kirchenmuseums sollen sich des Weiteren in Kooperationen mit den Museen der Stadt, gegebenenfalls auch mit Gastkuratoren der Häuser, widerspiegeln.

Daraus erwächst, nach Kirchendezernent Becker, ein weiterer Vorteil: „Die Offenheit des Konzeptes von Pascal Heß lässt eine Kooperation mit den verschiedenen Museen unserer Stadt zu. Die integrierende Kooperationsfähigkeit und das offene Konzept machen die Ausstellungsflächen zu einem Kristallisationspunkt der Frankfurter Kulturlandschaft, zu einer Brücke von 794 in unsere Gegenwart.“

Die erste Ausstellung des neuen ökumenischen Kirchenmuseums soll das religiöse Netzwerk und die Erinnerungskultur rund um die Synode mit der Kirche als leitende Infrastruktur erzählen. Zudem soll der historische Teil mit einer Netzwerk-Installation von Chiharu Shiota kombiniert werden. Shiota hat 2015 den japanischen Pavillon auf der Biennale bespielt. In ihrem raumfüllenden Gespinst aus roter Wolle webt sie Erinnerungsstücke ein. Von einer Vitrine mit einer Reliquie ausgehend soll sich ihr Netzwerk durch den Raum ziehen und dabei unterschiedliche historische Ausstellungsstücke miteinander verbinden.

Die Ausstellungen im Stadthaus sollen viertel- bis halbjährlich wechseln. Ein breites assoziatives museumspädagogisches Begleitprogramm flankiert die Ausstellung und belebt den Ort.

Das Konzept ist modular. Für eine Neuinszenierung müssen nur Teile ausgetauscht werden. Wandschränke, die bereits vorhanden sind, können zukünftig als Vitrinen genutzt werden. Größere Umbaumaßnahmen sind nicht vorgesehen.

Durch die Schaufenster des ersten und zweiten Obergeschosses soll eine Lichtinstallation Aufmerksamkeit auf das Museum wecken und zu einem Museumsbesuch einladen.

„Eingebunden an einen historischen Ort, soll das Museum ökumenischen Charakters eine besondere Rolle einnehmen und auch die Verknüpfung von Ost- und Westkirche aufzeigen. Am Ort der Synode von 794 und der Kaiserpfalz trägt das Museum der christlichen Tradition unserer Stadt aber auch der kulturgeschichtlichen Bedeutung Frankfurts auf europäischer Ebene Rechnung. Ein Stück unserer verlorengegangenen Stadtgeschichte wird wieder erfahrbar sein. Das Stadthaus soll zudem auch den Dialog zu anderen Religionsgemeinschaften suchen“, betonte Becker.

Derzeit ist eine Eröffnung im Sommer 2018 geplant. Der Museumseintritt wird für Kinder und Jugendliche kostenfrei sein.