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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Dirndl trifft Afrika im Modelabel

Hessischer Gestaltungspreis für Offenbacher Gründerin

von Karl-Heinz Stier

(12.07.2018) Die Themen Kultur, Herkunft und Identität sind in aller Munde - leider meist im negativen Zusammenhang. Dass Theresa Klinkenberg aus Offenbach den 16. Hessischen Gestaltungspreis in der Kategorie Mode + Accessoires mit drei außergewöhnlichen Dirndln als Gestaltungsobjekt gewonnen hat, zeigt – so die Siegerin – „dass sich Augen und Ohren für neue, konstruktive Antworten auf die Migrations– und Kommunikationsprozesse unserer Zeit öffnen.

Bildergalerie
Pressegespräch mit (v.l.n.r.:) Christiane Löbig (Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main), Jochen Bloß (KIZ-Gründerberatung) und Theresa Klinkenberg
Foto: Karl-Heinz Stier
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Die Gewinnerdirndl: schwarzes Dirndl, ehemals usbekischer Wandteppich, grünes Dirndl gambischer Exprint, türkis/pinkes Dirndl von Hand gewebte ghanaischer Kente.
Foto: Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main
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Wo anders als in Offenbach sollte der Geburtsort meines transkulturellen Modelabels „Theresa Andani“ sein?“ (Andani ist der Zuname ihres ghanaischen Ehemanns, der sie in ihrer kulturellen Arbeit maßgeblich beeinflusst hat).

Zu den preisgekrönten Objekten gehört ein gambisches grünes Dirndl, ein schwarzes Dirndl, das aus einem usbekischen Wandteppich geschneidert wurde und ein pinkes  Dirndl von  Hand gewebter ghanaischer Kente. Die Siegerobjekte sind ab Dienstag nächster Woche in der Villa Metzler in Frankfurt zu sehen. Mit ihren Arbeiten  richtet sich die 32jährige an weltoffene und selbstbewusste Frauen, deren „weibliche Kraft und Schönheit sie durch farbenfrohe und feminine Dirndl und Kleider noch mehr betonen will“.

Theresa, staatlich anerkannte Schneiderin und Modedesignerin, schneidert Dirndl im Vorbild  an die bayerische Trachtenmode. Ihr Handwerk wurde ihr großmütterlicherseits  quasi in die Wiege gelegt und  ihre bayerischen Wurzeln  fließen daher in ihre Arbeit ein. Doch an der Trachtenmode erinnert nur der Schnitt. Die Farben und Designs sind der afrikanischen Kultur und der ghanaischen Mode entlehnt. Ihre Kleider– und Dirndlkollektionen schneidert sie in Klein-Serien aus ghanaischen Stoffen. Sie entstehen in geringer Menge (zunächst meist Unikate) und in Handarbeit in deutsch-ghanaischer Kooperation.

Von der Idee bis  zum Sieg war es ein langer Weg, bei dem Theresa auch praktische Unterstützung durch das Netzwerk „Gründerstadt Offenbacher“ erfahren hat. Konkret kam Hilfe von Business-Coach Jochen Bloß von der KIZ-Gründerberatung: „Ich habe mit der Gründerin aus ihrer Idee ein belastbares Geschäftsmodell erarbeitet, von der Produktentwicklung, der Vorbereitung der Marketing – und Vertriebskanäle bis hin zur Kalkulation und Finanzplanung“. Auch der Amtsleiter für Arbeitsförderung, Statistik und Integration der Stadt Offenbach, Matthias Schulze-Böing, hat ihr beigestanden. „Kreatives Design und pfiffige Produktideen bringen frischen Wind in den Markt. Der Akzent liegt mehr und mehr bei Menschen, die mit neuen Geschäftsideen etwas bewegen wollen. Das ist ein guter Trend, den wir fördern.“

Der Hessische Gestaltungspreis wird von der Arbeitsgemeinschaft der hessischen Handwerkskammern Frankfurt, Wiesbaden und Kassel vergeben. „Unsere betriebswirtschaftliche Beratung unterstützt Handwerkerinnen und Handwerker mit individueller, lösungsorientierter und unbürokratischer Beratung in den Bereichen Existenzgründung, Unternehmensführung, Betriebsnachfolgen“, so Christiane Löbig von der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Preisträger gibt es in der Kategorie Möbel + Skulpturen, Wohnen + Leben, Schmuck und Gerät, Gesellenpreis sowie  Mode + Accessoires. Dotiert sind die Preise insgesamt mit 10 000 Euro, die einzelnen Preisträger wie Theresa erhielten 2 000 Euro. Die Auszeichnungen  werden alle 2 Jahre vergeben.

Als ersten selbständigen Schritt hat Theresa Klingenberg in der Bettina Straße in Offenbach in einem Hinterhof ein Atelier gemietet, das unter dem Titel „Theresa Andani“ firmiert. Dort arbeitet sie an neuen Dirndln und Kleider.  Die bereits fertiggestellten Unikate kosten zwischen 800 und 1 000 Euro, Kleider entsprechend weniger. Ihr größter Wunsch: einen Laden in der Innenstadt zu mieten, wo sie ihre Textilen ausstellen und verkaufen kann.