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Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

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Die Bad Hersfelder Festspiele 2017

Uraufführung von "Martin Luther - Der Anschlag" - von Dieter Wedel

von Adolf Albus

(29.06.2017) Die Zuschauer der Bad Hersfelder Festspiele können sich auf ein brilliantes Ensemble freuen: Elisabeth Lanz, Claude Oliver Rudolph, Erol Sander, Christian Nickel, Janina Stopper, Maximilian Pulst und viele andere wunderbare Schauspieler. Dieter Wedel musste kurzfristig umbesetzen. Christan Nickel spielt nun auch den „Wutbürger“ Luther.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bad Hersfelder Festspiele gab es schon Monate vor der Premiere eines Schauspieles keine Karten mehr. Deshalb wurden im Februar Zusatzvorstellungen von Martin Luther-Der Anschlag eingerichtet. Auch diese sind – bis auf wenige Restkarten – ausverkauft.

500 Jahre nachdem Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen und damit veröffentlicht hat, bringt der Intendant der 67. Bad Hersfelder Festspiele, Dieter Wedel, Martin Luther - Der Anschlag auf die Bühne. „Vermutlich hat es einen Grund, warum es das große klassische Luther-Drama nicht gibt, warum beispielsweise Schiller zwar über Johanna von Orleans, Wallenstein oder Maria Stuart geschrieben hat, aber eben nicht über die bedeutendste Figur der Deutschen: Luther.“ Wedel weiter: „ Einfach sein Leben nachzuerzählen, würde kaum ausreichen, um herauszufinden, wer er eigentlich war.  Theateraufführungen zeigen ja nie das wirkliche Leben, höchstens exemplarisches Leben, also das Beispielhafte an einer Person und ihrer Geschichte. Aber womöglich ist Luther beispiellos?“

Luther in vier entscheidenden Lebensabschnitten auf der Bühne
Die Hauptrolle besetzt er mit (jetzt) drei Darstellern, die Luther nicht nur in verschiedenen Lebensphasen, sondern auch Charaktereigenschaften verkörpern. Denn Dieter Wedel wird nicht einfach das Leben Martin Luthers nacherzählen: „Widersprüchlichkeit macht bekanntlich einen Charakter interessant, aber bei Luther sind die Widersprüche so gewaltig, so scheinbar unvereinbar, dass man den Eindruck hat, immer wieder verschiedenen Luthers zu begegnen.“

Christian Nickel, der Träger des Großen Hersfeldpreises 2016, verliehen von einer Jury aus Kritikern für seine Hauptrolle in Wedels Hexenjagd (ab 21.7.2017) spielt Luther, den Reformator und Luther, den Wutbürger. Christian Nickel debütierte während der Salzburger Festspiele und gehörte lange dem Ensemble des Burgtheaters an. Überregional bekannt wurde er als Goethes FAUST in der Inszenierung des Gesamtstoffes durch Peter Stein auf der Expo2000 in Hannover, in Berlin und in Wien.

Den überheblichen, jungen Luther hat Dieter Wedel mit Maximilian Pulst besetzt. Er gehört derzeit zum Ensemble des Staatstheaters Wiesbaden. Erste Festspielerfahrung hat er in Salzburg gesammelt.

Janina Stopper ist der zweifelnde Luther. Als Mary Warren in HEXENJAGD hat das Publikum sie schon 2016 in Bad Hersfeld gefeiert. Dem Fernsehpublikum wurde sie zum Beispiel in Vivian Naefes Tragikomödie Papa allein zu Haus an der Seite von Götz George oder in Tannöd mit Monica Bleibtreu und Julia Jentsch bekannt.

Die Frau des Reformators
Elisabeth Lanz  spielt Katharina von Bora, die ehemalige Nonne, die Luthers Frau wurde. Sie glänzte 2016 als Elisabeth Proctor in Hexenjagd und wird in dieser Rolle auch in diesem Sommer zu sehen sein. Einem Millionenpublikum ist sie als Tierärztin DR. MERTENS  (ARD) bekannt.

Die Gegner Luthers
Papst Leo X. wird von Erol Sander dargestellt. Während der Nibelungen-Festspiele in Worms beeindruckte er als Etzel in Dieter Wedels letzter Nibelungen-Inszenierung 2014 das Publikum. Millionen von Krimifans kennen ihn als Kommissar in Mordkommison Istanbul (ARD).

Johann Tetzel, Dominikaner, Inquisitor und berühmtester Ablassverkäufer seiner Zeit, ist auch in Wedels Inszenierung kein sympathischer Mann. Claude Oliver Rudolph ist ein Theater- und Filmschauspieler, der schon viele „Bösewichte“ verkörpert hat.  Nach 20 Jahren arbeiten Dieter Wedel und Claude Oliver Rudolph nach dem großen Erfolg von Der König von St. Pauli, der zurzeit erneut in allen Dritten Fernsehprogrammen gezeigt wird, das erste Mal wieder zusammen.

Auf der Bühne stehen außerdem große Darsteller, die auch dem Hersfelder Publikum inzwischen ans Herz gewachsen sind. Zum Beispiel: Robert Joseph Bartl (Krabat 2016), Christian Schmidt (Hersfeld-Preis 2015), Rudolf Krause, Bettina Hauenschild, Hans Diehl,  (Hexenjagd 2016), Tilo Keiner (Die oldene Gans 2016) oder Uwe Dag Berlin (z.B. Sonnenallee).

Prominente Fernseh-Moderatoren
Wie in Hexenjagd arbeitet Dieter Wedel auch in Martin Luther-Der Anschlahg mit  Filmeinspielern auf großen Videowänden in der Stiftsruine. Zu den Elementen der Inszenierung gehören auch Zeitsprünge und Perspektivwechsel. Sie schaffen, so Wedel, viele Möglichkeiten. Für diese Sequenzen wurden die prominenten Fernseh-Moderatoren Mareile Höppner (ARD/BRISANT) und Jan Hofer (Chefsprecher der TAGESSCHAU/ARD) engagiert. Mit beiden hat Dieter Wedel Filmeinspieler u.a. in Wittenberg, Bad Hersfeld und auf der Wartburg gedreht. Mareile Höppner ist das erste Mal als Schauspielerin zu sehen.

Luther in Bad Hersfeld
An dem Ort, an dem Martin Luther auf seinem Weg von Worms auf die Wartburg im Jahr 1521 noch einmal gepredigt hat, wird Martin Luther-Der Anschlag von Dieter Wedel uraufgeführt: in der Stiftsruine in Bad Hersfeld zwischen den historischen Mauern der ehemaligen Stiftskirche. Luther kam vom Reichstag in Worms, er war vogelfrei, sein Leben war in Gefahr und die Predigt in Bad Hersfeld war bereits riskant.

Auch diese Phase und die Zeit danach – er lebte als Junker Jörg auf der Wartburg und übersetzte das Neue Testament vom Griechischen ins Deutsche – spielt in Dieter Wedels Inszenierung eine Rolle. Aber sie ist kein Historiendrama, betont der Autor und Regisseur. Fragt man ihn, wer Luther in seinen Augen war, antwortet er: „Unter anderem so etwas wie der Erfinder der Deutschen. Ein Mann mit vielen guten Eigenschaften, immensem Fleiß und großer Tatkraft. Aber er besaß auch enorme negative Seiten: Obrigkeitshörigkeit, Judenhass, Rassismus.“

Der Hass auf Andersdenkende findet sich in Wedels Inszenierung in zahlreichen Szenen: „Ich habe für mein Stück nicht eine einzige Verleumdung erfunden, sondern nur wörtliche Zitate von Luther verwendet.“

Zentrales Thema
Fanatiker, die glauben, die Wahrheit zu besitzen – das ist das Thema seines Luther-Stücks. Dieter Wedel: „Der Wahn, ausgelöst durch einen missverstandenen Gott, hat nie aufgehört. Wir spielen deshalb auch grausame Filmbilder aus dem Nahen Osten ein. Da gehen Sunniten und Schiiten aufeinander los. Oder Aufnahmen aus Nordirland. Dort haben vor noch nicht allzu langer Zeit Katholiken und Protestanten aufeinander geschossen. Es hört einfach nicht auf. Und immer wird im Namen Gottes gemordet.“


Martin Luther - Der Anschlag
Für die Bad Hersfelder Festspiele geschrieben von Dieter Wedel
Unter Verwendung der Luther-Dramen von John Osborne und John von Düffel
sowie Motiven und Texten von August Strindberg, Stefan Zweig und G. B. Shaw
 
Uraufführung: 23. JUNI 2017
Letzte Vorstellung: 20. August 2017
23 Vorstellungen in der Stiftsruine Bad Hersfeld

Tickets und Informationen:
Telefon +49 (6621) 640200
ticket-service@bad-hersfelder-festspiele.de
www.bad-hersfelder-festspiele.de

Das Besondere an der Stiftsruine in Bad Hersfeld: Das Publikum sitzt zwischen den historischen Mauern immer trocken und geschützt, denn bei Regen wird das „Faltdach“ von Frei Otto über dem Zuschauerraum ausgefahren.