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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Deutschland verweigert Wanderschäfern EU-Gelder

Europaabgeordneter Häusling fordert eine Weideprämie

von Norbert Dörholt

(09.03.2018) Im Gegensatz zu 22 anderen EU-Mitgliedsstaaten verweigert Deutschland den Wanderschäfern eine Weideprämie. Die aber sei nötig, um sich gegen Billigfleisch aus Neuseeland und anderen Importländern behaupten zu können, meint der Wiesbadener Europaabgeordnete Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied im EU-Umweltausschuss.

Europaabgeordneter Martin Häusling macht sich für die Wanderschäferei stark.
Foto: Pressestelle EU-Parlament
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„Die Wanderschäferei leistet einen hohen Beitrag zu Artenvielfalt, Klimaschutz, Landschaftsbewahrung und Tierwohl, doch honoriert wird das kaum. Zumindest nicht in Deutschland. Obwohl die Wanderschäfer unter hohem ökonomischen Druck stehen, fallen sie hierzulande durch den Rost“, sagte er.

Zwar könnte Deutschland wie andere Länder auch eine Weideprämie aus der ersten Säule der Agrarhilfen gewähren. Dies habe die EU den Mitgliedsstaaten mit der letzten Agrarreform 2013 ausdrücklich erlaubt. Danach dürfe ein Teil der Gelder aus den Direktzahlungen für bedrohte Bereiche der Landwirtschaft verwendet werden, und zwar ohne Kofinanzierung durch die Bundesländer. 22 Mitgliedsstaaten verführen so und unterstützten die Wanderschäfer mit jährlich 500 Millionen Euro.

„Natürlich würde der Gesamtkuchen der Direktzahlungen damit etwas kleiner werden, die Flächenprämie würde sinken“, konzidierte Häusling. „Doch der Rückgang wäre derart gering, wenn man beispielsweise 40 Euro je Mutterschaf an Weideprämie zahlen würde, dass dies in Kauf genommen werden kann.“ Der Effekt der Umverteilung dürfte den Nachteil deutlich übertreffen. Denn die Arbeit der Wanderschäfer, die häufig auf besonders artenreichem Terrain stattfindet, gehöre ganz klar zu den gesellschaftlich gewünschten Leistungen, da sie zum Beispiel für den Erhalt der Biodiversität von unschätzbarem Wert sei.

Im Zuge der Verhandlungen für die kommende Reform der Agrarpolitik (GAP) sollte aus seiner Sicht deshalb die Unterstützung der Wanderschäferei einen eigenen Passus erhalten, damit sich Länder wie Deutschland, die ihre agroindustriellen Exportphantasien ausleben wollen, nicht aus der Förderung einer naturgemäßen Landwirtschaft verabschieden können.

Verweigere Deutschland weiterhin die Zahlungen, drohe Häusling zufolge die Wanderschäferei hierzulande Geschichte zu werden. 2016 gab es in Deutschland noch 989 Schäfereien mit jeweils mehr als 320 Mutterschafen. Das waren 13 Prozent weniger als 2010. Da das von ihnen erzeugte Fleisch nicht mit Billigimporten aus Übersee konkurrieren kann, hält es Häusling auch im Sinne des angewandten Naturschutzes „für geradezu zwingend“, mit der Weideprämie diesen Zweig der Landwirtschaft zu unterstützen.

 Die Wanderschäfer wollen am 13.März in Berlin vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium für die Weideprämie demonstrieren. Aufruf hier.Sie haben zugleich eine Petition gestartet, um diesen Traditionsberuf zu retten: https://www.change.org/p/rettet-die-letzten-sch%C3%A4fer-innen-deutschlands-ein-traditionsberuf-am-ende-sch%C3%A4fereiretten