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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Der eingebildete Kranke

„Die Mühlengeister“ aus Merkenfritz mit Moliere im Oberhessischen Dialekt

von Karl-Heinz Stier und Ingeborg Fischer

(16.11.2018) Wenn der „eingebildete Kranke“ als Bühnenstück auf dem Programm eines großen Theaters oder Amateurtheaters steht, entscheidet oft der Hauptdarsteller beim Publikum über den Erfolg des Moliere-Stückes.

Bildergalerie
Tochter Angelika (Judith Klehm) und Vater Argan (Harald Meiß)
Foto: Karl-Heinz Stier
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Das gesamte Ensemble der „Mühlengeister“ zum Abschluss des „eingebildeten Kranke“ auf der Bühne.
Foto: Karl-Heinz Stier
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Harald Meiß, der die Rolle des Argan bei der Amateurtheatergruppe "die Mühlengeister“ in Merkenfritz (Ortsteil von Hirzenhain im Vogelsberg)  übernommen hatte, erfüllte mit gelegentlicher Hilfe der Souffleuse seine Aufgabe durchaus lobenswert. Auch die Schluss-Ovation des Publikums der Besucher im heimischen Dorfgemeinschaftshaus bestätigte dies. Allerdings hatte er auch mit Toinette, seinem Hausmädchen (Simone Weißbrod) eine gute Partnerin und Mitdarstellerin gefunden, die mit Koketterie und  durch ihre Textsicherheit bestach.

Man kennt von Barock am Main mit Michael Quast Moliere-Aufführungen auf hessisch – sozusagen Frankfurter Hessisch. Mit Wetterauer Zungenschlag mit „ne“ und „de“ allerdings war es eine ganz neue charmante Erfahrung. Die Übersetzung von Markus Karger, der auch Regie führte, ist sehr treffend authentisch und vergnügte das Publikum in Merkenfritz sehr.

Die Geschichte  vom  reichen eingebildeten Kranken Argan, der horrende Honorare an seinen  Arzt Dr.Purgon (Karlheinz Dinges) zahlt, um seine eingebildeten Zipperlein mit Einläufen, Schröpfen und anderen Torturen behandeln zu lassen, kennt man. Argan will seine Tochter Angelika (Judith Klehm)  an den mehr als merkwürdigen Arzt Thomas Diaforuius  (Laura-Luisa Stemmler) verheiraten, um rund um  die Uhr  ärztlichen kostenlosen Beistand zu haben. Willigt sie nicht  ein, soll sie ins Kloster geschickt werden. Argans zweite Frau Beline (Angelique Wagner), wesentlich jünger als  er, hat es im Grunde nur auf  sein Vermögen abgesehen und liegt auch mit der Stieftochter im Streit.  Angelika aber ist verliebt in einen Anderen – Cleánte –(Marcel Weber) und will nichts  von der Witzfigur Dr.Diaforius wissen.

Ihre Tante Beraldine (Roswitha Herd) durchschaut die Intrigen und deckt letztlich alles auf.

Mit Hilfe der Souffleuse Andrea Recknagel-Daubert meisterten die Laiendarsteller den Mundart-Plot mit Bravour. Wie schon erwähnt, war Simone Weißbrod als Toinette hinreißend, Roswitha Herd als Schwester gewohnt souverän und Karlheinz Dinges als Purgon wie immer der Possenreißer vom Dienst.

Besonders überzeugten Sarah Otremba und Laura-Luisa Stemmler als das Vater- und Sohn-Ärzte-Duo Diaforius in ihren Hosenrollen. Sie waren wirklich bemerkenswert.

Den Reigen der Darsteller ergänzten noch Dominik Herche als Apotheker und  Johnannes Reichert als Notar.

Die Bühnenpräsenz der „Mühlengeister“ begann 1989 mit „Endlich mal ruhige Weihnachten“, bei der auch schon die noch heute Aktive  Roswitha Herd mitwirkte. Sodann gab es jedes Jahr eine neue Aufführung. Moliere war auch schon einmal im Jahre 2000 auf dem Programm, damals unter dem Titel „der kerngesunde Kranke“, literarisch ins Deutsche übersetzt. Die „Mühlengeister“ sind eines unter 200 Theatern im Hessischen Amateurtheaterverband. Nicht eingerechnet sind die vielen Vereine und kirchliche Organisationen, die  in eigenen Abteilungen ihre schauspielerischen  Begabungen „ausleben“.  Hinzu kommen noch oft angegliederte Jugend-Theatergruppen, wie auch bei den  Mühlengeistern.(„Die klaane Esel“,“ Die ganz klaane Esel“ und „Die Minnis“) Welchen Stellenwert die Theatergruppe in Merkenfritz hat, lässt sich daran ablesen, zu welchen Vereinsschattierungen man sich in Merkenfritz bekennt, bzw. Mitglied ist. Man gehört entweder zu den  Fußballern, zur Feuerwehr oder zum Amateurtheater „Die Mühlengeister“.