Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 23.04.2024

Werbung
Werbung

Das Papsttum und seine Bedeutung für die Welt

Ausstellung mit vielen Exponaten in den Mannheimer Engelhorn-Reiss-Museen

von Michael Hörskens

(24.05.2017) „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt“ ist der Titel einer bemerkenswerten Ausstellung bin den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen (rem). Bis zum 31. Oktober sind dort auf rund 2500 Quadratmetern rund 330 Kunst- und Kulturschätze aus einem Zeitraum von 1500 Jahren, von der Antike bis zur Renaissance im 16. Jahrhundert, zu bestaunen.

Bildergalerie
Beeindruckend: der Sarkophag von Papst Clemens II.
Foto: Hörskens
***
Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach als Schirmherr bei der Eröffnung der Päpste- Ausstellung in der Mannheimer Jesuitenkirche.
Foto: Hörskens
***
Informierten über die Schau: Magdalena Pfeifenroth (Öffentlichkeitsarbeit rem), Christoph Dahl (Baden-Württemberg Stiftung), Prof. Alfried Wieczorek, Prof. Stefan Weinfurter und Dr. Albrecht Wieland (Verlag Schnell & Steiner).
Foto: Hörskens
***

Weltweit einmalig beleuchtet die Schau die faszinierende Geschichte des Papsttums und dessen Rolle für die westliche Kultur. Hauptförderer ist die Baden-Württemberg Stiftung. Eine besondere Würdigung kommt schon jetzt aus Rom: Die Präsentation soll nach der Mannheimer Station auch für vier Monate im Vatikan gezeigt werden.

Eröffnet wurde die Sonderausstellung mit einem ökumenischen Gottesdienst in der prächtigen Mannheimer Jesuitenkirche mit  Erzbischof Stephan Burger, Landesbischof Prof. Jochen Cornelius-Bundschuh sowie den Dekanen Karl Jung und Ralph Hartmann.  Auch hohe Vertreter aus der Politik wie Bundestagspräsident Prof. Norbert Lammert und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann wohnten dem Gottesdienst bei. „Führen üblicherweise alle Wege nach Rom, so kann man jetzt nach Mannheim reisen, um den früheren Bischöfen von Rom und ihrer Bedeutung nachzuspüren“, erklärte Norbert Lammert, der Schirmherr der Ausstellung ist.  Das Papsttum, so der zweithöchste Mann im Staat, habe die Voraussetzung für die moderne Welt von heute geschaffen.

Der Bundestagspräsident ließ bei der Eröffnung auch durchaus kritische Töne anklingen, zunächst als er auf das Verhältnis von Kirche und Staat und gewisse Verstrickungen zu sprechen kam.  Oft habe die Kirche die Religion für politische Zwecke nutzen wollen, die Politik wiederum habe versucht, die Religion zu instrumentalisieren. Lammert stellte eine für ihn spannende Frage: „Was haben wir Christen in 2000 Jahren aus der Kirche Jesu Christi gemacht und was haben wir in Zukunft vor?“, so der Katholik. Die Spaltung der Kirche werde bedauert, aber als Realität hingenommen. „Das wird nicht reichen für die Verantwortung, welche die Kirche hat“, nahm Norbert Lammert die Kirchen ins Gebet. Er zitierte schließlich den früheren deutschen Papst Benedikt, der zur Kirchenspaltung einmal gesagt hat: „Die Kirche von heute ist zum Haupthindernis des Glaubens geworden.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte: „Der umfassende Blick auf die päpstliche Historie von deren Anfängen bis zum Vorabend der Reformation schärft das Bewusstsein nicht nur für die historische, sondern auch für die heutige gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung der christlichen Kirche.“ Er lobte die Verantwortlichen der Ausstellung für die Tatsache, Missstände, Verfehlungen und Machtmissbrauch der Päpste nicht ausgelassen zu haben, was vor 500 Jahren geradezu zwangsläufig zur Reformation geführt habe.

Dass Bewegung in die Welt des Vatikans durch Papst Franziskus kommt, spürt Erzbischof Stephan Burger. „Der Heilige Vater hat betont, dass man an die Neuordnung des Papsttums denken müsse“, erklärte Burger, der hervorhob, dass man die Eröffnung der Ausstellung in der Jesuitenkirche  begehe und mit Franziskus nun ein Jesuit auf dem Stuhl des Heiligen Petrus sitze. Landesbischof Cornelius Bundschuh gedachte in seiner Fürbitte allen religiös verfolgten Menschen und forderte die Kirchenbesucher auf, für Frieden in Syrien zu beten.

Das Ausstellungsprojekt war entstanden unter der Leitung der Reiss-Engelhorn-Museen und der Universität Heidelberg mit der gemeinsamen Forschungsstelle „Geschichte und Kulturelles Erbe.“ Prof. Dr. Alfried Wieczorek, Generaldirektor der rem, betonte, dass bevor Katholiken und Protestanten getrennte Wege gingen, die beiden Religionen eine 1500 Jahre gemeinsame Geschichte verbunden hat. Aus jüdischen Wurzeln stieg das Christentum von einer kleinen Gemeinschaft im Osten des Römischen Reiches zu einer der großen Weltreligionen auf. Und auch auf das große Jubiläum der protestantischen Kirche kam er zu sprechen: 2017 jährt sich der Beginn der Reformation zum 500. Mal. „Die Reformation ist nur zu verstehen, wenn man weiß, was vorher geschehen ist“, sagte Wieczorek. „Die Päpste-Ausstellung ist ein gewaltiges Thema“, erklärte Prof. Dr. Stefan Weinfurter von der Universität Heidelberg. Das Papsttum wurde zur geistlichen und weltlichen Autorität, die nicht nur die theologische Entwicklung, sondern auch die Herausbildung des lateinischen Abendlandes prägte. Es habe nicht nur mit Religion, vielmehr auch Kultur, Kunst, Wissenschaft und Politik zu tun, unterstrich der Katholik, der die Bedeutung der Institution für Europa und die westliche Welt beleuchtete: „Das Papsttum ist international und hat die Völker zusammengebunden als Wertegemeinschaft.“

Noch niemals zuvor hat sich eine Präsentation so umfassend der Geschichte des Papsttums gewidmet. Die rund 330 hochkarätigen Ausstellungsstücke werden im rem in drei Etagen präsentiert. Sie stammen zu einem Drittel aus dem Vatikan, aber auch von weiteren Leihgebern wie namhaften europäischen Museen und Sammlungen. Viele Ausstellungsstücke waren noch nie nördlich der Alpen zu sehen. Unter den Exponaten befinden sich höchstselten außerhalb des Vatikans präsentierte Stücke wie ein vergoldeter Glasteller mit den beiden Aposteln Petrus und Paulus aus dem 4. Jahrhundert. Der Besucher kann seltene Zeugnisse der frühen Kirche, kostbare Textilien oder prachtvolle Papstbildnisse von Tizian bis Francis Bacon bestaunen. Dazu reich illustrierte mittelalterliche Schriften wie der Papst-Kaiser-Rotulus, der in der Ausstellung erstmals in seiner vollen Länge von fast sieben Metern zu sehen ist. Die Pergamentrolle ist vermutlich zwischen 1431 und 1433 im Rhein-Main-Gebiet entstanden.

In der Päpste-Schau darf natürlich nicht das einzige Papst-Grab nördlich der Alpen fehlen. Dank einer originalgetreuen Rekonstruktion wurde die Grablege von Papst Clemens II. (1046-1047) aus dem Bamberger Dom ins Museum geholt, ein eindrucksvoller Marmor-Sarkophag mit dessen liegender Skulptur. Zu besichtigen sind dazu noch ein Paar Pontifikalstrümpfe, eine Stola, ein Grabkelch sowie Haare von Clemens II.

Die Mannheimer Schau lockt daneben mit aufwändigen Inszenierungen und filmischen Rekonstruktionen. Drei cineatisch anmutende Filme zeigen die Entwicklung Roms von der Antike bis zur Renaissance auf. Ein besonderer Höhepunkt ist eine rekonstruktion, die den besuchern die einmalige Gelegenheit bietet, einen Rundgang in der monumentalen Basilika St. Peter zu unternehmen, die im 4. Jahrhundert an der Stelle des heutigen Petersdoms erbaut wurde.

Anlässlich der Päpste-Ausstellung haben die rem das kulturelle Netzwerk „Papstgeschichten im Südwesten“ ins Leben gerufen, worüber auch eine Broschüre informiert. Insgesamt 35 Orte in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen nutzen dabei die Gelegenheit, ihre Papstgeschichten an historischen Schauplätzen in Erinnerung zu rufen. In vielen Jahrhunderten haben Päpste ihre Spuren auch in Deutschland hinterlassen. Leo IX. etwa wurde in Worms zum Papst gewählt, er hielt Mitte des 11. Jahrhunderts wichtige Synoden in Mainz ab und suchte Orte wie das Kloster Lorsch auf. In der Saliergruft des Wormser Doms ruht mit Herzogin Judith von Kärnten die Mutter des erstes deutschen Papstes, Gregor V., der aus der Nibelungenstadt stammte und  der im 10. Jahrhundert das Amt auf dem Heiligen Stuhl begleitete. Im Limburger Domschatz- und Diözesanmuseum finden sich herausragende Stücke der Liturgie uns Spiritualität der Kirche: Kelche, Monstranzen oder Messgewänder. Und in Frankfurt zeigt das Bibelhaus Erlebnis Museum die Lebenswelt des Alten und Neuen Testaments anhand archäologischer Fundstücke aus dem Heiligen Land.

In Mannheim schließlich lädt der kleiner Stadtführer „Mannheimer Papstgeschichten“ auf einen interessanten Spaziergang durch die Quadratestadt ein. Etwa zum Stephanienufer am Rhein. Hier stand im 15. Jahrhundert die Burg Eichelsheim, in der Papst Johannes XXIII. mehr als zwei Jahre in Haft saß. Er hatte das Konstanter Konzil 1415 besucht und war aus Angst vor seiner Absetzung geflohen. Doch die Truppen König Sigismunds ergriffen ihn und sperrten ihn in der Burg Eichelsheim ein. Und auch ein begleitendes Buch von 544 Seiten mit rund 400 Fotos ist erschienen: „Die Päpste“ im Verlag Schnell und Steiner.

Im Rahmen der Päpste-Ausstellung kommt auch das kulinarische Element nicht zu kurz. Wein spielt schließlich im Christentum von Beginn an eine wichtige Rolle. Nicht nur die Bibel steckt voller Weinzitate, auch im Gotesdienst nimmt der süffige Rebensaft im Rahmen der Eucharistiefeier eine Schlüsselstellung ein. Zahlreiche Päpste waren nach Überlieferung leidenschaftliche Weingenießer. Hinsichtlich dieser engen historischen Beziehung haben zwei Weingüter aus Baden und der Pfalz eine Sonderedition abgefüllt. Zum einen den ausdrucksstarken 2014er Schriesheimer Kuhberg Spätburgunder Rotwein, zum andern einen spritzigen 2016er Forster Elster Riesling trocken. Dass in den Klöstern zur Fastenzeit die Mönche kreativ wurde, ist ebenfalls belegt. Einer Legende nach ersuchten einst Mönche den Papst um eine Genehmigung für den Verzehr von „flüssigem Brot“, ihrem selbstgebrauten Fastenbier. Die Mannheimer Traditionsbrauerei Eichbaum hat jetzt anlässlich der Papst-Schau ein „Cervisia“ im Angebot, eine ungefilterte, ursprüngliche Bierspezialität - selbstredend nach dem deutschen Reinheitsgebot und sicherlich mit Gottes Segen gebraut.

Infos: www.paepste2017.de