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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Courage in der Musik

Rheingau Musik Festival setzt 2019 neue Maßstäbe

von Karl-Heinz Stier

(30.01.2019) Das 32. Rheingau Musik Festival (22. Juni bis 31. August) hat sich ein anspruchsvolles Thema zum Leitdanken für dieses Jahr gesetzt. Michael Herrmann, Intendant und Geschäftsführer, nennt es „Courage“.

Bildergalerie
Die Programmacher des Festivals(v.l.n.r.:) Intendant Michael Herrmann, assistiert von Lisa Ballhorn und Timo Buckow
Foto: Karl-Heinz Stier
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Das Programmheft des Festivals mit dem Frontbild von Daniil Trifonov
Foto: Karl-Heinz Stier
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Die Fokus-Künstlerin Christiane Karg, die in acht Veranstaltungen mitwirkt.
Foto: Karl-Heinz Stier
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„Das Festival stellt diesmal eine soziale, gesellschaftlich und politisch zentrale Aufgabe unserer Zeit in den Focus, das sich mit Begriffen wie Mut, Engagement, Toleranz und Menschlichkeit umschreiben lässt. Das verantwortungsvolle Miteinander soll gefeiert werden, ein Treffpunkt für alle Neugierigen, ein Platz des gemeinschaftlichen Konzerterlebnisses. So sieht das Programm im Besonderen  Konzerte mit Künstlern und Ensembles vor, das den Leitgedanken auf ganz unterschiedliche Weise beleuchtet. Man will über den musikalischen Tellerrand hinaus blicken und zu einer lebendigen Auseinandersetzung mit dem Thema beigetragen. Der Blick richtet sich auf die ehemalige Sowjet-Union (Dimitri Schostakowitsch in der Stalin-Ära) und nach Berlin (30 Jahre Mauerfall), aber vor allem hin zu gesellschaftlich-politisch engagierten Musikern und interkulturellen Orchester-Projekten aus der ganzen Welt. 16 Konzerte stellt das Festival in diesem Jahr unter diesen Leitgedanken. So zum Beispiel der aus Eritrea stammende Singer-Songwriter Fetsum („Courage ist, die zu lieben, die man hassen will“), der „Urban Folk“-Musiker, der sich mit einem eigenen Musik-Festival in Berlin für Kinder im Krieg und auf der Flucht kümmert. Oder der Pianist und Aktivist Fazil Say. Seine „Gezi Park–Triologie", die große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog.

Erwähnenswert auch u.a. das Bochabela  String Orchestra, das sich in der Person des amerikanischen Kontrabassisten Peter Guy  nach der Freilassung Nelson Mandela zum Ziel gesetzt hat, den schwarzen und farbigen Südafrikanern das Erlernen eines Streichinstrumentes zu ermöglichen. Der 100. Geburtstag Mandelas gibt den Anlass, zusammen  mit dem österreichischen Chor Vokale Neuburg  sich an den Freiheitskämpfer und Friedenspolitiker zu erinnern. Ein weiteres Orchesterprojekt nennt sich Galilee Chamber Orchestra. Hier spielen Juden und Araber gemeinsam. Der palästinensisch-israelische Pianist  Saleem Ashkar bezieht politische Haltung in seine künstlerische Arbeit ein und sucht Menschen ungeachtet ihrer Herkunft mit seiner Musik zu begeistern („Wir wollen eine Realität nicht akzeptieren, die nur von der Politik diktiert wird“). Mindestens viermal im Jahr reist er nach Israel und übt dort mit den Schülern. Unter dem Titel Courage werden noch die Pianistin Gabriela Montero („Courage ist der Wille, die Angst zu begraben und ein Risiko einzugehen“) und die Sängerin Fatoumata Diawara von der Elfenbeinküste ins Programm genommen. Schließlich gehört dazu auch das Gewandhausorchester Leipzig, das bei der Wiedervereinigung eine wichtige Rolle spielte und jetzt unter dem frisch gekürten Kapellmeister Andris Nelsons die Sinfonie Bruckners Achte aufführt.

Kammermusik mit gesellschaftlichem Anspruch kommt auch von Danae Dörken - in Deutschland geboren. Ihre Mutter ist Griechin und auf der Insel Lesbos hat sie selbst ein eigenes Musikfestival ins Leben gerufen („Courage bedeutet für mich Unerschrockenheit“).

Daniil Trifonov ist Artist in Residence. Die pianistischen Mittel des 27jährigen geborenen Russen sind nahezu grenzenlos. Viel mehr als technische Perfektion überraschen  seine intensive Ausdruckskraft und die Fähigkeit, Musik neu zu deuten. In sechs Veranstaltungen zeigt er Musik von Ludwig van Beethoven bis Arvo Pärt. Zu den Konzerten begleiten ihn befreundete Musiker und Ensembles, mit denen ihn lange musikalische Partnerschaften verbinden. Auch zwei Fokus-Künstler stehen im Programm: Die Sopranistin Christiane Karg, Opernsängerin mit hohen Stimmqualitäten und der Jazz-Sänger und Saxophonist Curtis Stigers („Ich habe Songs wie I Wonder Why und You’re All That Matters To Me selbstgeschrieben. Schon deshalb werden sie immer Teil meines Lebens sein“).

Eröffnet wird das Rheingau Musik Festival am 22. Juni mit Antonin Dvoraks „Stabat Mater“ für Soli, Chor und Orchester. Mit Dabei das hr-Sinfonie-Orchester, der MDR-Rundfunkchor, Gerhild Romberger (Alt) und Benjamin Bruns (Tenor). Das Meisterwerk wird um 18.30 Uhr in der Basilika im Kloster Eberbach aufgeführt und einen Tag später zum gleichen Zeitpunkt wiederholt. Das Abschlusskonzert ist am 31. August, um 19 Uhr, ebenfalls im Kloster Eberbach mit  Christiane Karg, dem City of Birmingham Symphony Orchestra  mit den Werken von Benjamin Brittens „Quatre Chansons Francaises“ und Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 4 in G-Dur für Sopran und Orchester.

Für die 146 Veranstaltungen in den zehn Sommerwochen stehen 122 000 Eintrittskarten zur Verfügung. Der Etat ist so groß wie in den Vorjahren: 8 Millionen Euro. 0,31 Prozent bezuschusst die öffentliche Hand. Den Kartenvorverkauf sowie Sponsoring (45 %) finanziert das Festival.

Tickets können unter (06723)602170 bestellt werden. Programm und weitere Infos unter www.rheingaumusik-festival.de