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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Berufsintegrierte Sprachförderung beschleunigt Integration

Kongress zur „Berufssprache Deutsch“ zieht international Besucher an

von Ilse Romahn

(17.09.2018) Um Unternehmen zukünftige potenzielle Fachkräfte zu erschließen, müssen sprachliche und fachliche Qualifizierung bei Zugewanderten, Langzeitarbeitslosen mit Sprachdefiziten und Geflüchteten Hand in Hand gehen. Damit könne die dringende Integration beschleunigt werden. Dieser Aspekt ist in der bisherigen Arbeitsmarktpolitik zu wenig berücksichtigt worden.

Dies ist ein Ergebnis des internationalen Fachkongresses „Neue Wege in der beruflichen Sprachförderung“. Die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main (IHK), das Hessische Ministerium für Soziales und Integration und die GFFB gGmbH, Frankfurt, hatten bundesweit Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik dazu eingeladen, neue Wege zum Erwerb und zur Vermittlung der Berufssprache Deutsch aufzuzeigen. In sechs Foren wurden innovative Konzepte und Modelle aus dem europäischem Raum vorgestellt und mit internationalem Fachpublikum darüber gesprochen, welche Strategien und Instrumente für eine zukunftsorientierte Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik notwendig sind: Dringend verändert werden müssen die Rahmenbedingungen für die Umschulung Erwachsener. Erforderlich ist ebenfalls die Verlängerung der Ausbildungszeit sowie eine enge Verzahnung mit einer fach- und bildungssprachlichen Sprachförderung. Dies erfordert Innovationen in der Methodik, Überarbeitung des Lehrmaterials sowie eine Anpassung der Arbeitsmarktinstrumente. Sprachlehrkräfte und Ausbildungspersonal müssten sich auf neue Methoden einlassen und synergetisch zusammenarbeiten.

Karen Hoyndorf, Stellvertretende Präsidentin der IHK Frankfurt am Main, verwies darauf, dass 57 Prozent der Unternehmen in Hessen den Fachkräftemangel als Risiko für die weitere Geschäftsentwicklung benennen. Sie nannte in ihrer Begrüßung eine der Hauptforderungen: „Die Förderbedingungen müssen sich den Erfordernissen des Arbeitsmarkts anpassen und nicht umgekehrt. Und hier liegt das Potenzial vor allem bei ausländischen Kräften, da diese weit mehr als die Hälfte des Beschäftigungszuwachses in Hessen ausmachen. Also gehört berufsintegrierte Sprachförderung zu den zentralen Instrumenten einer Beschäftigungsförderung.“ Im vergangenen Jahr sind in Hessen nahezu 65 000 neue zusätzliche sozialversicherungspflichtige Stellen entstanden. Fast 36 000 davon, also mehr als die Hälfte, wurden von Ausländern angetreten.

Stefan Grüttner, Hessischer Minister für Soziales und Integration, unterstrich in seiner Begrüßung: „Arbeit befördert Sprache, daher wirkt berufsbezogene Sprachförderung als ein sich selbst beschleunigendes System, das Perspektiven eröffnet, Qualifizierung ermöglicht und berufliche Aufstiegsmobilität in Gang setzen kann. Denn die Bedeutung guter Sprachkenntnisse nimmt heute in allen Berufen zu. Globalisierung, Digitalisierung sowie der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft machen die Fähigkeit zur Kommunikation mehr und mehr zur Kernkompetenz für den beruflichen Erfolg“, betonte Grüttner. „Berufliche Sprachförderung kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn Bildungsträger und Arbeitgeber eng zusammenwirken“, ergänzte der Minister.

Barbara Wagner, geschäftsführende Gesellschafterin der GFFB gGmbH, betonte in ihrem Statement die Notwendigkeit einer Verzahnung beruflicher Kompetenzen mit der Fach- und Bildungssprache im Rahmen von Ausbildungen und Umschulungen. Die Bedeutung des Erwerbs der Bildungssprache werde häufig unterschätzt, sei aber für die Abschlussprüfungen unerlässlich. Zudem fehle es an Sprachförderkräften, die fachsprachliche Inhalte in Verbindung mit der Bildungssprache vermitteln könnten.

Die Brisanz dieses Themas zeigt die hohe Teilnehmerzahl des bundesweit einmaligen Kongresses: rund 340 Führungs- und Fachkräfte im Personal- und Bildungsmanagement sowie Ausbildungsverantwortliche und Arbeitsmarktakteure aus dem gesamten Bundesgebiet waren hierzu nach Frankfurt angereist. Der Kongress war mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert.