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Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

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Beethovens Eroica als gesellschaftliches Bekenntnis

Alte Oper mit neuem Programm / Geht Intendant Dr. Pauly?

von Karl-Heinz Stier

(11.03.2019) Begegnungen mit den großen Stars der Klassik und des Entertainments, Brückenschläge zu anderen Genres und Künsten, Konzerte für Kinder, Jugendliche und Familien: Damit lässt sich das Programm der Alten Oper in der Spielzeit 2019/20 umreißen. Das Spektrum reicht vom Eröffnungskonzert mit dem Gustav Mahler Jugendorchester unter Herbert Blomstedt und dem weltweit gefeierten Bariton Christian Gerhaber bis zum Ausklang im Mai 2020 mit Alter und mit Neuer Musik. „Alle Weltstars der klassischen Musik sind wieder bei uns“, bekräftigt Intendant Dr. Stephan Pauly.

Bildergalerie
Das neue 270seitige Programmbuch 2019/20
Foto: Karl-Heinz Stier
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Die Teilnehmer der Pressekonferenz(v.r.n.l.): OB Peter Feldmann, Aufsichtsvorsitzender der Alten Oper; Dr. Ina Hartwig. Kulturdezernentin Frankfurts und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitze; Intendant Dr. Stephan Pauly und Pressesprecherin Anita Maas-Kehl.
Foto: Karl-Heinz Stier
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Ein Schwerpunkt ist das Musikfest vom 15. bis 29. September. Es greift diesmal mit Ludwig van Beethovens dritter Sinfonie, der „Eroica“, eines der Meisterwerke der Musikgeschichte auf, das exemplarisch zeigt, wie mit Musik eine auch geistige Haltung transportiert werden kann. „Musik als Bekenntnis“ lautet deshalb der Untertitel des Musikfestes. Für Beethoven war die „Eroica“ ein persönliches, entschiedenes Bekenntnis für eine freiheitliche Gesellschaft. Er verstand eine Sinfonie als eine Möglichkeit, sich mit dem aktuellen Zeitgeschehen, mit gesellschaftlichen Verhältnissen, mit der Welt auseinanderzusetzen und seine persönliche  Haltung dazu in die Musik einzuschreiben - als Träger von Botschaften, womit nicht zuletzt Beethoven Maßstäbe setzte. Ausgehend von Beethovens Stück werden auch Werke verschiedener Epochen bis in die Gegenwart beleuchtet, in denen Komponisten gesellschaftlich, politisch oder religiös Stellung bezogen haben sowie beziehen. Dies ermöglicht Bezüge zu anderen Künsten und Genres wie Jazz oder Weltmusik und auch in Performance, Film und verschiedenen Gesprächsformaten wird das Thema aufgegriffen. Kulturdezernentin Ina Hartwig sieht dieses Motto im gesamten Programm des Hauses vertreten: „Vielleicht ist gerade in heutigen Zeiten eine derartige Haltung im besten Sinne des Wortes gefragt,  eine engagierte Kunst ist wichtiger denn je“.

Erstmals knüpft auch das Musikvermittlungsprogramm „PEGASUS-Musik erleben“ an das Musikfest an. Das Festival endet am 29. September mit einem großen Kinderprogramm.  OB Peter Feldmann und Aufsichtsratsvorsitzender der Alten Oper dazu: „Pegasus ist ein großer Erfolg – den gibt es nicht umsonst, den muss man sich leisten können. Schließlich muss es in der Alten Oper Kultur für alle geben. Ich setze mich dafür ein, dass noch mehr Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an den Programmen ermöglicht wird“.

Ein zweiter Schwerpunkt im Programm der Alten Oper ist Fokus. Dort wird Gelegenheit geboten zu tieferen Einblicken in das Schaffen ausgewählter Künstler oder einer eingehenden Beschäftigung mit Themen. In der neuen Spielzeit 2019/20 stellt sich mit dem Cellisten Nicolas Altstaedt einer der bemerkenswerten Künstler der jüngeren Konstellation (26.9.19 und 6. – 8.3.20), mit dem Dirigenten und Musikforscher Philippe Herreweghe erstmals ein expliziter Vertreter der historisch informierten Aufführungspraxis (15.11.19, 22.1.20., 17.5.20) und zum ersten Mal ein Klangkörper, das London Symphony Orchestra dem Publikum. „Allen drei widmen wir ausführliche Porträts mit jeweils mehreren Konzerten und Programmen. Zudem werden wir einen intensiven Blick auf den Weg der späten Wiener Sinfonik und ihren Exodus nach Hollywood wenden – in die Filmmusik der Traumfabrik“, erklärte Intendant Dr. Pauly.

Neben dem Musikfest und den Fokus-Schwerpunkten gibt es im neuen Programm auch wieder Konzerte mit führenden Orchestern, Dirigenten, Solisten und Ensembles aus der ganzen Welt, darunter die Berliner Philharmoniker unter ihrem neuen Dirigenten Kirill Petrenko, die Wiener Philharmoniker, die Sächsische Staatskapelle Dresden, das Philharmonia Orchestra und Esa-Pekka Salonen sowie das Mariinsky Orchester St. Petersburg. Als renommierte Solisten sind u.a. dabei: Sol Gabetta, Sir Andras Schiff, Gidon Kremer, Carolin Widmann und Anna Prohaska.

Es gibt auch wieder vielfältige Programme mit Weltmusik, mit Jazz, mit Popkonzerten, Konzerte mit Singer/Songwritern und Tanzproduktionen. Über die Weihnachtstage und dem Jahreswechsel wird das Musical „Bodyguard“ aufgeführt – mit den  Hits des Blockbusters:“One Moment in time“, „I wanna dance with somebody“ oder „I will always love you“. An Kinder ab 5 Jahren und ihre Familien richtet sich das musikalische Märchen „Der Nussknacker“ vom 17. bis 20. Dezember, aufgeführt vom Papageno Musiktheater am Palmengarten.

Rückblickend auf das Jahr 2018 verkündete Intendant Dr. Pauly fast 500 000 Besucher in 464 Veranstaltungen in der Alten Oper. Das Gesamtbudget lag bei rund 20 Millionen Euro, wobei die Alte Oper 64 Prozent der Kosten selbst finanzierte. Der Zuschuss der Stadt belief sich auf 7,3 Millionen Euro.

Offen ließ der Intendant auf Befragen von Journalisten, ob er Frankfurt in Richtung Wien verlasse. „Wir befinden uns noch in Verhandlungen“, so sein dürftiger Kommentar. Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen werden, ein Scheitern wird sich nicht gerade positiv für ihn  auswirken. Dafür hätte man ihre Existenz besser erst mal geheim gehalten. So kann es sich eher um ein erfolgreiches Ende handeln, was die Frankfurter Verhandler gewiss einiges Kopfzerbrechen bereiten wird.