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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Bad Homburger Poesie- & LiteraturFestival: 10. Jubiläum mit 14 fantastischen Lesungen

von Ilse Romahn

(19.11.2018) Der Sommer hat sich verabschiedet, in Bad Homburg aber kündigt sich schon der Sommer 2019 an. Der Lesesommer, die Wochen, in denen große Persönlichkeiten der deutschen Film- und TV-Landschaft zu Reisen in fremde Welten entführen. Und das Beste: 2019 feiern die Ausflüge in die klassische Literatur Jubiläum!

Vom 5. bis 30. Juni findet das 10. Bad Homburger Poesie- & LiteraturFestival statt. „Wir werden wieder ein vielfältiges und buntes Literaturfest feiern und damit einmal mehr zeigen, dass wir eine ganz besondere kulturelle Visitenkarten in diesem Land hinterlassen“, zeigt sich Oberbürgermeister Alexander Hetjes stolz. Seine Begründung: „Wo sonst kommen so viele und so bekannte Stars wie Matthias Brandt, Hans Sigl, Sebastian Koch, Matthias Matschke, Ulrich Tukur, Benno Fürmann und Christian Berkel sowie, auf der weiblichen Seite, Iris Berben, Anke Engelke, Sophie von Kessel und Katharina Thalbach zusammen, um auf der Bühne ihre literarischen Interessen mit schauspielerischen Talenten zu verbinden. Das ist, soweit ich weiß, einmalig in Deutschland. Und dass sogar Ute Lemper unser Festival bereichert, ist ein ganz besonderes Bonbon.“

Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind selbst auch derart begeistert von dem Festival, dass sie gerne wiederkommen oder sich freuen, wenn sie erstmals angefragt werden. Zum Jubiläum kommen viele Publikumslieblinge aus den vergangenen zehn Festival-Jahren nach Bad Homburg. Und Kurdirektor Holger Reuter freut sich, dass einer dabei ist, der dem Festival nicht nur von Beginn an verbunden ist, sondern nun auch eine besondere Aufgabe übernommen hat: „Ich finde es einfach fantastisch, dass das Poesiefestival zum ersten Mal einen richtigen Schirmherrn hat und dieser Sebastian Koch heißt. Wir erinnern uns zu gerne an seine Lesungen von etwa Schnitzler, Dostojowski oder Thomas Mann, für die er teilweise sogar wichtige Filmaufnahmen unterbrach“, sagt Holger Reuter.

„Am Anfang stand Bernd Hoffmann mit einer Idee. Seither haben wir ein Poesie- und Literaturfestival. Schön zu sehen, wie sich Bad Homburg im Frühsommer in eine Festivalstadt verwandelt – mit tollen Lesungen von erstklassigen Schauspielern. Es macht einfach Jahr für Jahr Spaß dabei zu sein. Herzlichen Glückwunsch zum zehnten Poesie- und Literaturfestival“, sagt Oliver Klink, Vorstandsvorsitzender der Taunus Sparkasse.

Mit dem Motto „Lesen ist Kino im Kopf und eine Reise in fremde Welten“ waren der Künstlerische Leiter und Festival-Initiator Bernd Hoffmann, Hermjo Klein von der veranstaltenden A.C.T., die Kur- und Kongreß-GmbH und die Stadt Bad Homburg vor zehn Jahren angetreten. Die Lesungen der großen Stars, die fantasievollen und oft ungewöhnlichen Musikbegleitungen sowie Bild- und Lichtinszenierungen ließen Jahr für Jahr den Funken von Idealismus und Begeisterung auf das Publikum überspringen, das inzwischen mehrere 10.000 Menschen zählt. Dafür sprach Bernd Hoffmann bei der Vorstellung des Programms 2019 den Besuchern ein großes Dankeschön aus. „Für unser kleines Team und für mich geht mit dem Jubiläumsfestival ein großer Traum in Erfüllung.“ Und Hermjo Klein lobte: „Von all meinen jährlichen Veranstaltungen gehört das Bad Homburger Poesie- & LiteraturFestival zu den absoluten Höhepunkten. Nicht zuletzt wegen der angenehmen und erfolgsorientierten Zusammenarbeit mit der Kur- und Kongreß-GmbH."

Sie erinnerten nicht zuletzt an den Anlass für das Poesie- & LiteraturFestival: die Verleihung des Friedrich-Hölderlin-Preises der Stadt Bad Homburg. Die bedeutende Literaturauszeichnung steht auch 2019 im Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe. Sie findet am 9. Juni um 11 Uhr in der Schlosskirche statt.

Das Festival-Programm
Eine spektakuläre Sonderveranstaltung steht am Beginn des Literatursommers: Die große Ute Lemper macht am 9. April ihre Aufwartung im Bad Homburger Kurtheater (20 Uhr), und das mit einer persönlichen Hommage an eine wenn nicht noch größere Sanges-Diva – Marlene Dietrich. „Rendezvous mit Marlene“ nennt sie ihr neues Programm, das erst vor wenigen Wochen in New York Premiere hatte. Es beruht auf einem dreistündigen Telefonat der beiden Künstlerinnen 1988 in Paris, und Ute Lemper singt mit großer Bandbegleitung die weltbekannten Dietrich-Songs.

Weil Jubiläum gefeiert wird, gibt es 2019 eine zweite Frühjahrs-Sonderveranstaltung – diesmal mit einem Krimiautoren, dessen Bruno, Chef de Police, sich mindestens ebenso in die Herzen der Leser geschlichen hat wie Donna Leon und ihr Commissario Brunetti. Sie spricht aber wohl leider kein Deutsch, Martin Walker indes tut es, und zwar mit dem ganzen Charme eines Schotten, der seit Urzeiten im Südwesten Frankreichs wohnt. Am 26. Mai lässt er zur Mittagszeit die fantastische Küche des Périgord im Steigenberger Hotel auffahren. Ach ja, und er präsentiert zusammen mit dem deutschen Schauspieler Moritz Stöpel sein 11. Bruno-Buch „Menue surprise“.  Es erscheint am 24. April. Wie meint Bernd Hoffmann? „Dieser Flic macht Lust auf mehr.“ Was auch heißt: Man plant unweigerlich den nächsten Urlaub im Périgord.

Ab 5. Juni geht es dann Schlag auf Schlag. Jede Veranstaltung ist ein besonderes Highlight. Matthias Brandt und Jens Thomas brillieren zur Festival-Eröffnung wieder mit einem faszinierenden Spiel aus Licht und Schatten, Text und Klang und jonglieren mit den Abgründen der Charaktere. Nach dem Roman „Schumanns Schatten“ von Peter Härtling haben die beiden Künstler die Wort-Musik-Collage „Krankenakte Robert Schumann“ entwickelt (20 Uhr im Kurtheater).

Auch „Bergdoktor“ Hans Sigl, der im vergangenen Jahr mit einer Schnitzler-Lesung grandios debütierte, kehrt zurück. Er hat am 6. Juni um 20 Uhr im Güterbahnhof den weltberühmten Novellenthriller „Angst“ von Stefan Zweig dabei. Musikalisch begleitet wird Hans Sigl von einem jungen neuen Star der Gipsy-Jazz-Szene: Sandro Roy, Violine, und sein Gipsy Jazz Quartett werden von Kritikern ob ihrer Virtuosität gerne schon als die legitimen Nachfolger von Stefan Grapelli und Django Reinhardt gehandelt.

Festival-Schirmherr Sebastian Koch macht den Pfingstmontag, 10. Juni, 15 Uhr, zu einem unvergesslichen Erlebnis: Open-air im Gustavsgarten an der Tannenwaldallee und sogar bei freiem Eintritt liest der für seine feinsinnigen Charakterdarstellungen auch im internationalen Filmgeschäft gefragte Schauspieler aus einem der bekanntesten Abenteuer-Klassiker der Weltliteratur, aus „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson. Musikalisch wird das spannende Geschehen mit einem klangvollen und dramatischen „Soundtrack“ eines großen Orchesters in Szene gesetzt: Lars Keitel und die Orchesterakademie des Jugendsinfonieorchesters Hochtaunus steuern passende opulente Klassik und Filmmusiken bei.

Matthias Matschke feiert am 13. Juni (20 Uhr) im Wintergarten im Kulturbahnhof sein Festival-Debüt. Man kennt ihn unter anderem als mysteriös schillernden, geheimnisumwitterten „Professor T.“, der selten eine Miene verzieht. So scheint Matthias Matschke geradezu prädestiniert für die unheimlichen Geschichten des amerikanischen Kult-Autors Edgar Allen Poe. Lichtilluminationen und die leisen und lauten Töne von Vivi Vassileva auf Vibraphon, Marimba und Percussion verstärken die Spannung und den Gruseleffekt.

Am selben Ort hat am 14. Juni die wunderbare Sophie von Kessel ihren Auftritt – sicher ebenso intensiv und emotionsstark wie im vergangenen Jahr. Wieder steht eine Frau im Mittelpunkt ihrer Lesung, diesmal „Rebecca“. Das Meisterwerk der britischen Autorin Daphne du Maurier, dessen Hitchcock-Verfilmung mit zwei Oscars ausgezeichnet wurde, erzählt von einer jungen Frau, die den Witwer Maxim de Winter heiratet und auf seinen Landsitz Manderley in Cornwall zieht. Doch der Geist von Maxims toter Ehefrau Rebecca ist allgegenwärtig.

Einen Tag später, 15. Juni, wird es ab 20 Uhr im Kurtheater „Komisch!“. Dann trifft nämlich Anke Engelke auf Iris Berben. In ihrer ersten gemeinsamen Bühnenarbeit lesen sich die beiden Schauspielerinnen durch die schönsten Beispiele des Komischen: von Aristoteles bis Kurt Schwittes, von Fanny Müller bis Heinrich Mann, von Tania Blixen bis zum Herrenjux in Karnevalszeiten. Iris Berben hat einen zweiten Auftritt, denn das Bad Homburger Poesie- & LiteraturFestival ist erstmals zu Gast in Frankfurt. In Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt liest Iris Berben am 16. Juni um 17 Uhr im Ignaz Bubis-Zentrum aus Lion Feuchtwangers „Die Jüdin von Toledo“. Begleitet wird sie von Rafael Cortes auf der Flamenco-Gitarre.

Eine weitere Co-Produktion – mit den Sagen- und Märchentagen in Bad Homburgs Schweizer Partnerstadt Chur – steht ebenfalls am 16. Juni, 15 Uhr im Kurtheater, auf dem Programm: die Lesung „Goldmärchen der Romantik“ mit Katharina Thalbach. In ihrer unnachahmlichen Art erzählt die beliebte Mimin „alchemistische“ Märchen rund um das Thema Gold. Geschichten von Autoren wie den Gebrüdern Grimm, Ludwig Bechstein, Alexander Afanassjew und Goethe kommen zum Zuge. Alle Märchen werden fantasievoll auf der Filmleinwand des Kurtheaters von der Schweizer Künstlerin Angela Wüst mit Live-Zeichnungen und klangtechnisch mit ebenso stimmungsvoller „cineastischer“ Live-Musik des Akkordeon-Virtuosen Goran Kovacevic illuminiert und in Szene gesetzt.

Auch David Rott kommt wieder nach Bad Homburg: am 18. Juni um 19.30 Uhr in die Villa Wertheimber im Gustavsgarten. Diesmal hat er Frank Werfels Romanklassiker „Die blassblaue Frauenschrift“ dabei. Er spielt im Wien des Jahres 1936 und gibt ein eindrucksvolles Sittenbild in Zeiten der Nationalsozialisten, ist aber auch ein packender Roman über einen gesellschaftlichen Aufsteiger, den die Vergangenheit in Form eines Briefes einholt.

Der große Ulrich Tukur und seine unvergleichlichen Rhythmus Boys unternehmen in ihrem neuen Programm „Grüß mir den Mond!“ am 26. Juni um 20 Uhr im Kurtheater eine abenteuerliche Reise ins mondbeschienene Herz der Musik. Das Publikum weiß bereits aus den diversen vorangegangenen Jahren, was das genau heißt: Ein vergnüglicher Abend zwischen skurrilen Texten und Anmoderationen, mit zauberhaft swingender und mit einem Augenzwinkern vorgetragener Musik von Glenn Miller bis Ilse Werner steht ins Haus.

Zum Ende des Festivals wird eine weitere Open-Air-Veranstaltung angekündigt. Benno Fürmann, einer der wenigen deutschen Schauspieler, die den Weg nach Hollywood gefunden haben, liest ab 19.30 Uhr am 29. Juni im Hof des Lokschuppens aus Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Gray. Subtil und wortgewaltig taucht der in die Geschichte um den Jüngling vor dem Spiegel ein, der seine Seele verkauft, um seine Schönheit zu retten. Der weltberühmte Roman wird auch in Sachen Musik britisch gerahmt. Das Pasadena Roof Orchestra, im 50. Jahr seines Bestehens noch immer unerreichbar in Sachen zeitloser Eleganz und kultivierter Performance samt hohem Unterhaltungswert, spielt zu Fürmanns Vortrag groß mit Musik der Goldenen 1920er- und 1930er-Jahre auf.

Weil die Erlöserkirche unter den atmosphärisch dichten Festivalorten nicht fehlen sollte, weil aber deren Dachsanierung im Juni noch nicht abgeschlossen ist, wird eine Veranstaltung „ausgelagert“: auf den 14. September. Und wiederum tritt ein „alter Bekannter“ auf, nämlich Christian Berkel, der „Kriminalist“ im ZDF und inzwischen selbst Buchautor. Er greift Franz Kafkas Geschichte von K. auf, dem eine mysteriöse Behörde den „Prozess“ machen will, und der, je mehr er seine Unschuld beweisen will, immer tiefer ins Gestrüpp undurchschaubarer Gesetze und Verstrickungen gerät. Musikalisch gerahmt wird die Lesung von einem weiteren Meisterwerk der Tiefenpsychologie von durchaus ähnlicher Bedeutung: Auszüge aus Mozarts letztem kompositorischen Werk, dem weltbekannten „ Requiem“, machen die Veranstaltung zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.

www.bad-homburger-poesie-und-literaturfestival.de.