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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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24. Frankfurter Bürgerbefragung: Frankfurter sind deutlich kritischer als in den Vorjahren

von Ilse Romahn

(19.07.2017) „Nachdem in den letzten Jahren in vielen Bereichen des städtischen Lebens immer wieder Bestnoten von den Frankfurterinnen und Frankfurtern gegeben wurden, sind die Urteile und Wertungen dieses Mal deutlich kritischer ausgefallen“, stellte der für die Frankfurter Statistik zuständige Stadtrat Jan Schneider am Dienstag, 18. Juli, die Ergebnisse der 24. Frankfurter Bürgerbefragung vor.

Stadtrat Jan Schneider
Foto: Petra Bruder, Stadt Frankfurt am Main
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In den Augen der Frankfurter ist der Wohnungsmarkt weiterhin das zentrale Problemfeld der Stadt. Auf die wie immer offen, das heißt ohne Antwortvorgaben, gestellte Frage nach den größten Stadtproblemen, gaben mehr als die Hälfte der deutschen Frankfurter (53 Prozent/+8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr) eine den Wohnungsmarkt betreffende Antwort. „Das Allzeithoch des Vorjahres wurde bei den deutschen Befragten nochmals übertroffen“, erläuterte Stadtrat Schneider.

Vor allem die „hohen Mieten“ (29 Prozent/+6 Prozentpunkte) standen im Mittelpunkt der Kritik, während das als nicht ausreichend empfundene „Wohnungsangebot“ (22 Prozent/+2 Prozentpunkte) in der Problemsicht nicht mehr so stark zugelegt hat, wie in den letzten zwei Jahren. Von den ausländischen Frankfurtern wird das „Wohnungsangebot“ (21 Prozent/+7 Prozentpunkte) diesmal häufiger genannt, während die „hohen Mieten“ (20 Prozent/-1 Prozentpunkt) sogar etwas weniger häufiger genannt wurden.

Auf Platz zwei der städtischen Problemlagen liegt nach wie vor die „Verkehrssituation“, die von jedem vierten der deutschen (26 Prozent/-1 Prozentpunkte) und jedem fünften (21 Prozent/+5 Prozentpunkte) der ausländischen Frankfurter als besonders problematisch erachtet wird.

Wie im Vorjahr an dritter Stelle liegt der Bereich „Kriminalität/öffentliche Sicherheit“, diesmal allerdings seit langen Jahren erstmals wieder mit deutlich höheren Anteilen. Während der Themenbereich fünf Jahre in Folge auf niedrigem Niveau rangierte, ist heute für jeden siebten der deutschen (14 Prozent/+3 Prozentpunkte) und jeden fünften der ausländischen Befragten (19 Prozent/+8 Prozentpunkte) die Sicherheitslage das größte Stadtproblem. Diese Entwicklung läuft parallel mit den im zweijährigen Turnus zusätzlich abgefragten Einschätzungen zum Sicherheitsgefühl in der Stadt.

Die Ergebnisse zeigten früher, dass sich die Frankfurter immer sicherer in der Stadt fühlten. Dieser langjährige Trend wurde erstmals bei der 2014er-Umfrage durchbrochen. Dass es sich damals nicht nur um einen leichten Rücksetzer, sondern um eine Trendumkehr handelte, zeigen die neuen Ergebnisse. Die ermittelten Werte liegen zwar immer noch deutlich besser als in den 1990er-Jahren, im Vergleich mit dem Bestwert des Jahres 2012 ist die negativere Bewertung der Frankfurter aber eindeutig.

Auf die Frage „Wenn Sie abends in der Innenstadt unterwegs sind (z. B. nach dem Kino-/Konzertbesuch), wie sicher fühlen Sie sich dann?“ gaben nur noch etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent/-5 Prozentpunkte) der 1458 befragten Frankfurter an, dass sie sich sicher fühlen. Erstmals hat auch das Sicherheitsgefühl tagsüber in der Innenstadt (87 Prozent/-6 Prozentpunkte) deutlich abgenommen und gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die sich unsicher fühlen (11 Prozent/+5 Prozentpunkte), um fast das Doppelte angestiegen.

Bei den Frauen fühlen sich mittlerweile über die Hälfte abends in der Innenstadt unsicher (51 Prozent/+3 Prozentpunkte) und der Anteil derer, die sich nach eigenen Angaben „sicher“ fühlen, ist erneut gesunken (46 Prozent/-5 Prozentpunkte). Auch Männer fühlen sich zunehmend „unsicher“ (38 Prozent/+5 Prozentpunkte) und deutlich weniger „sicher“ (60 Prozent/-6 Prozentpunkte). Diese Veränderungen finden sich bei Jung und Alt fast gleichermaßen.

Auch die Angst, Opfer eines Verbrechens zu werden, ist bei den Frankfurtern weiter gestiegen. So gaben diesmal weniger als die Hälfte (48 Prozent/-3 Prozentpunkte) an, „selten oder nie“ Furcht vor Verbrechen zu haben. Gleichzeitig stieg der Anteil derer, die „oft oder sehr oft“ daran denken, Opfer eines Verbrechens zu werden (23 Prozent/+2 Prozentpunkte). Besonders ausgeprägt ist die Zunahme der Verbrechensfurcht bei Frauen (25 Prozent/+2 Prozentpunkte). Recht entspannt fühlt sich hingegen die ältere Generation (20 Prozent/-3 Prozentpunkte).

Bei der Beurteilung von Unsicherheitsräumen ist der Anteil der Frankfurter, die den Hauptbahnhof (28 Prozent/+15 Prozentpunkte) als besonders unsicheren Bereich der Stadt betrachten, um mehr als das Doppelte angestiegen. Auch die Bahnhofsgegend (19 Prozent/+2 Prozentpunkte) und fast alle anderen regelmäßig benannten Unsicherheitsräume werden häufiger angegeben, allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau.

Unverändert liegt die Innenstadt mit nur vier Prozent der Nennungen. Als mögliche Gründe für die vermehrte Nennung des Hauptbahnhofes und des Bahnhofsviertels sind die in den letzten Jahren wahrnehmbar gestiegene Drogenkriminalität und im Zusammenhang damit die gegen Ende letzten Jahres verstärkte polizeiliche Bekämpfung sowie entsprechende mediale Berichterstattung denkbar.

„Im Vergleich zu der prägnanten Entwicklung beim Hauptbahnhof erscheinen die für alle anderen Stadträume ermittelten Veränderungen von nachgeordneter Bedeutung“, stellte Stadtrat Schneider fest und ergänzte: „Trotz dieser ausgeprägten Kritik fühlen sich die Frankfurterinnen und Frankfurter wohl in der Stadt“. Mehr als vier von fünf leben eigenen Angaben zufolge auch weiterhin „gerne in der Stadt“ (83 Prozent/unverändert) und nur etwa jeder Siebte würde „lieber woanders wohnen“ (14 Prozent/+1 Prozentpunkte).

Auf der Liste der 15 regelmäßig abgefragten Lebensbereiche findet sich kaum ein Bereich, der besser als im Vorjahr abgeschnitten hat. Einzige Ausnahme ist das Angebot an Kindergärten und Kindertagesstätten. Der Anteil der Unzufriedenen (16 Prozent/-1 Prozentpunkte) ist weiter zurückgegangen und der Anteil der Zufriedenen (22 Prozent/+1 Prozentpunkte) ist diesmal so hoch ausgefallen wie noch nie.

Der Stadtrat hierzu: „Das freut mich sehr, weil es zeigt, dass die Maßnahmen der letzten Jahren zur Schaffung von einer Vielzahl neuer Betreuungsplätze ihre ganzheitliche Wirkung zeigen.“

Die kritische und differenzierte Betrachtungsweise der Frankfurter findet sich auch beim Eigenimage der Stadt. Mit wenigen Ausnahmen sind die gemessenen Werte fast überall niedriger ausgefallen, nur die kulturellen und wissenschaftlichen Imagefaktoren wurden etwas stärker in den Vordergrund gerückt. Hervorzuheben ist, dass Neu-Frankfurter erstmals häufiger als alle anderen der Ansicht sind, dass man in Frankfurt „gut leben kann“ (69 Prozent/+2 Prozentpunkte) und dass die „Stadt jedem etwas bietet“ (55 Prozent/-1 Prozentpunkte).

Im Sog der allgemeinen Kritik wurden auch die Arbeit und das Ansehen der Stadtverwaltung kritischer beurteilt. Dennoch ist der überwiegende Teil der Frankfurter Bürger nach wie vor zufrieden mit der Verwaltung. Über die Hälfte (56 Prozent/-3 Prozentpunkte) der Befragten hat weiterhin eine „sehr gute“ (13 Prozent/unverändert) oder „gute“ Meinung (43 Prozent/-3 Prozentpunkte) von der Stadtverwaltung. Nur eine Minderheit hat persönlich eine schlechte Meinung (6 Prozent/+1 Prozentpunkte).

Ein deutlicher Rückgang ist auch bei der Beurteilung der Arbeit der Frankfurter Stadtverwaltung zu verzeichnen. Nur noch zwei von fünf Befragten (40 Prozent/-6 Prozentpunkte) äußerten sich zufrieden, der Anteil der Unzufriedenen stieg um einen Prozentpunkt auf sechs Prozent. Das Urteil fällt damit so kritisch aus wie seit fünf Jahren nicht mehr, wenngleich der Rückgang vor allem wegen des überaus positiven Vorjahresergebnisses so deutlich ausfällt.

Die Stadtverwaltung wird weiterhin als zuverlässig, bürgerorientiert und modern beurteilt. Der Frage, ob die Verwaltung „zuverlässig“ sei, stimmen nur noch 53 Prozent (-3 Prozentpunkte) der befragten Frankfurter zu, gleichzeitig verneinen weniger Befragte, dass die Verwaltung „unübersichtlich“ (33 Prozent/-5 Prozentpunkte) oder „unfähig“ (53 Prozent/-2 Prozentpunkte) sei. Gut ein Viertel (26 Prozent/-1 Prozentpunkte) hält die Frankfurter Ämter für „flexibel“, allerdings ist auch jeder Fünfte (21 Prozent/+3 Prozentpunkte) anderer Ansicht.

Hervorzuheben ist, dass die Stadtverwaltung weiterhin als „modern“ (39 Prozent/+1 Prozentpunkte) und „bürgerorientiert“ (44 Prozent/unverändert) wahrgenommen wird. Dies könnte auch auf das zunehmende Angebot von Online-Verfahren anstelle früher notwendiger Behördengänge zurückzuführen sein. Auf vergleichsweise hohem Niveau stabil hält etwa jeder Fünfte die Verwaltung für „sparsam“ (21 Prozent/unverändert), zwei von fünf Befragten dagegen aber auch für etwas zu „bürokratisch“ (40 Prozent/unverändert).

Wenige Monate vor der Bundestagswahl im September interessieren sich 79 Prozent der Wahlberechtigten für die Bundespolitik. Gut zwei Drittel (68 Prozent) interessieren sich auch für die europäische Politik, erst danach folgen Landespolitik (57 Prozent) und die kommunale Ebene (52 Prozent). Das politische Interesse ist seit 2014 in allen Bereichen deutlich gestiegen und liegt so hoch wie noch nie.

„Auch die kritische und sehr differenzierte Betrachtungsweise der Frankfurterinnen und Frankfurter ist vor diesem Hintergrund zu sehen“, betonte Stadtrat Schneider und verwies auf das gegenüber dem Vorjahr besonders stark angestiegene Interesse für die Kommunalpolitik (52 Prozent/+13 Prozentpunkte).

Die Ergebnisse der 24. Bürgerbefragung basieren auf den Antworten von 1458 Frankfurtern. Damit hat jeder 377. Frankfurter im Alter von 18 bis 75 Jahren und mit Hauptwohnsitz in Frankfurt am Main seine Ansichten und Wertungen stellvertretend für die gesamte Frankfurter Bevölkerung abgegeben. An der Umfrage beteiligten sich 55,3 Prozent der angeschriebenen deutschen und 30,4 Prozent der ausländischen Bürger. Die repräsentative Auswahl von 3000 Befragten erfolgt immer nach einem Zufallsverfahren aus dem Einwohnermelderegister. Für nicht deutsche Befragte gilt die zusätzliche Bedingung, dass sie seit mindestens drei Jahren in der Stadt leben.

Die Befragung wird seit 1993 jährlich im Dezember durchgeführt und dient der Stadtpolitik und Stadtverwaltung als wichtige Informationsquelle, um Handlungsbedarfe abzuleiten.

Die Ergebnisse von „frankfurt statistik aktuell“ 07-12/2017 stehen unter http://www.frankfurt.de/statistik_aktuell im Internet als kostenloses PDF-Download zur Verfügung.