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Letzte Aktualisierung: 16.04.2024

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„Gottes Kleid ist bunt“

Lesung mit Nulf Schade-James im Frankfurter Salon

von Karin Willen

(17.07.2018) Achtung! Jetzt wird es authentisch und biografisch: Der evangelische Pfarrer Nulf Schade-James eröffnet im Frankfurter Salon sehr persönliche Einblicke von seiner Kindheit in einem Dorf im Vogelsberg bis zur Gegenwart als offen schwul lebender Gemeindepfarrer im Gallus.

Pfarrer und schwul, das ist sowieso schon eine nicht gerade alltägliche Kombination. Aber Nulf Schade-James ist auch nicht irgendein schwuler Pfarrer. Er war einer der ersten, der homosexuelle Paare segnete, und leistete einen entscheidenden Beitrag, diese Praxis landesweit durchzusetzen. Mit seinem mutigen Kampf für die Gleichberechtigung Homosexueller hat er die Kirche bunter und offener gemacht und vielen Menschen Kraft geben. Humor gehörte für ihn immer dazu. Als Greta Gallus, Freifrau von Sodom ohne Gomorrha, war Schade-James jahrelang auch auf Kabarettbühnen zu bewundern.

Am Mittwoch, dem 18. Juli, liest er aus seiner Autobiographie dort, wo bis vor einem Jahr noch Bilder des „Fotografie Forums Frankfurt“ hingen: im Frankfurter Salon, einem integrativen Café in der Braubachstraße. In diesem Café sitzt man zum Beispiel bequem auf einer Couch unter einem Acrylbild, auf dem die Frankfurterin Clotilde Koch (1813-1869) zu sehen ist. Und das hat seinen tieferen Sinn.

Liberale Frankfurter Tradition

Die Bankiersgattin pflegte zur Zeit der liberalen Paulskirchenbewegung in der Stadt einen Salon, in dem die Politiker und Parlamentarier ein- und ausgingen. An diese kommunikative Tradition knüpft der Cafébetreiber, der Frankfurter Verein für soziale Heimstätten e.V., in abgewandelter Form an. Statt freiheitlich denkender bürgerlicher Politiker wird heute jeder empfangen − und zu moderaten Preisen bewirtet. Ab und an lädt der Salon auch zu abendlichen Kulturveranstaltungen ein, wie jetzt zur Lesung mit dem Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Frieden und Versöhnung im Gallus.

„Die Abende sind Teil einer literarisch-musikalischen Expedition in das Spannungsfeld zwischen Liebe und Freundschaft“, erklärt das Vorstandsmitglied des Vereins, Peter Hovermann, und umreißt damit auch gleich das Thema des Jahresprogramms. Der Eintritt zu den Abendveranstaltungen ist frei. „Wir erwarten aber, dass jeder nach seinen Möglichkeiten anschließend etwas in den Hut wirft, damit wir die Unkosten decken können.“ Auch dieser freiwillige Aspekt gehört zum Konzept des Cafés.

Kaffeehaus mit sozialem Ansatz

Der vielleicht wichtigste Aspekt aber ist, dass Kellnerinnen und Kellner, die aus verschiedenen Gründen lange nicht mehr gearbeitet haben, sich hier unter Anleitung den Bedingungen des ersten Arbeitsmarktes stellen. „Es kann sein, dass man vielleicht mal etwas länger auf seine Bestellung warten muss“, räumt Hovermann ein. Doch das hat wohl jeder auch schon in klassischen Cafés erlebt.

Der soziale Ansatz im angesagten Geviert zwischen neu gestaltetem Römerberg, der Paulskirche und dem Museum für Moderne Kunst zeigt sich auch in der Möglichkeit, einen Kaffee mehr als man getrunken hat zu bezahlen, den „Nachgelassenen“. Den können sich dann Bedürftige, die sich an der Theke melden, servieren lassen kann. Die Kaffeespende geht auf den neapolitanischen „Caffè Sospeso“ vom Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Im Frankfurter Salon kann er auch auf Speisen erweitert werden.

Die klein gehaltene Karte enthält etwa drei verschiedene Kuchen, Regionales wie Biosäfte aus Niederrad oder Apfelwein sowie einige Gerichte wie Grüne Soße, aber auch Quiches und Eintöpfe. Der Kaffee kommt von der Frankfurter Rösterei Basaglia Jetzt soll es auch Frühstück geben. Das logistisch hinzukriegen, hat etwas gedauert. Denn der Frankfurter Verein arbeitet bei den Zulieferern möglichst auch mit Anbietern aus sozialen Projekten zusammen.

Die Ausstattung besteht aus Spenden und gebraucht gekauften Möbeln, die mit dem ebenfalls zusammengekauften Geschirr eine harmonische bürgerliche Atmosphäre unter Lüstern und neben Stehlampen ergeben. Das wird auch von Cafébesuchern honoriert. „Wie im Wohnzimmer“, heißt es da beispielsweise im Gästebuch. Morgens ist es noch vergleichsweise ruhig im Café, doch „vor allem nachmittags ist die Bude voll“, freut sich Hovermann.

 

 

Veranstaltung: 18.7.2018 / 20.00 Uhr

Lesung: "Gottes Kleid ist bunt" mit Nulf Schade-James im Frankfurter Salon

Braubachstraße 32, Tel. 247 57 77 57

Das Café ist geöffnet: Mo–Fr 10–18 Uhr,

Sitzplätze: 65 innen, 16 außen