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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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„Die Vielfalt der Palette – eine Werkschau“ in Kriftel

Es lebe die Vielfalt!

von Adolf Albus

(18.09.2019) „Variatio delectat“, das wussten schon die alten Römer. Und wen als Kunstliebhaber die Abwechslung erfreut, der wurde am 11. September im Krifteler Rathaus reich belohnt. Wer den Blick durch das Rathausfoyer schweifen ließ, konnte sich an den unterschiedlichsten Malstilen und Maltechniken der Frankfurter Künstlervereinigung „Die Palette“ richtig satt sehen.

Vom anschaulichen Portrait, über Federskizzen sowie hingetupften Blumen oder stilisierten Landschaften bis hin zu Umweltthemen und experimenteller abstrakter Malerei reicht die Bandbreite, die sich zwischen den Amtsstuben farbenfroh präsentierte.

„Gibt es einen besseren Ort als den öffentlichen Raum, um unsere Kunst auszustellen?“, fragte Gabriele Jenny-Deußer von der Künstlergruppe in ihrer Begrüßungsrede rein rhetorisch. Hier begegne man sich zwanglos und trete ohne Hemmschwelle in einen Dialog. Kunst solle die Menschen verbinden und das sei an einem solchen historischen Datum (Attentat World Trade Center) eine wichtige Botschaft. Bürgermeister Christian Seitz lobte in seiner Ansprache die breite Palette der ausgestellten Kunst: Da werde Phantasie im Kopf in Gang gesetzt. „Wir kommen ja eher aus dem grauen Alltag der Verwaltung, da ist es schön, ein paar Farbtupfer an der Wand zu sehen“, scherzte der Bürgermeister. Auch Dr. Frank Fichert, der Vorsitzende des Kulturforums, begrüßte Künstler und Gäste.

 

Eine breite Palette

Ein wenig mehr als nur Farbe ist es dann doch, was die anwesenden neun Künstlerinnen und Künstler Renate Müller, Horst D. Käufler, Monika Stehr, Willy Beyer, Agnes Salbel, Gabriele Jenny-Deußer, Rüdiger Wehrheim, Ute Irmscher-Lehn und Armin Rudloff auf der Palette haben. Da ist zum Beispiel Renate Müller, seit 17 Jahren Mitglied der Gruppe, die auf ihren Maluntergründen Strukturen schafft, mit Kaffeepulver und Sand experimentiert und so einen quasi anfassbaren „Wasserfall im Morgennebel“ kreiert hat. „Das Material verreibe ich mit den Fingern“, erklärt sie. So bringt sie das Haptische mit ins Spiel. Eine sehr sinnliche Erfahrung. Wenn man vor diesem Materialmix steht, kommt tatsächlich der Reflex auf, die Bilder mit den Händen berühren zu wollen.

Ganz anders geben sich die „Disteln“, geschaffen von Monika Stehr. „Da habe ich Farbe auf den Bildträger geschüttet“, sagt sie voller Energie. Die Fläche wird so zum Aktionsfeld.  Ganz im Habitus der sogenannten „Schüttbilder“, die Aktionskünstler in den 60er Jahren mit heftigem malerischem Gestus schufen.

 

Gleichberechtigt nebeneinander

Dagegen nehmen sich die großen Blumen der Künstlerin Gabriele Jenny-Deußer geradezu greifbar gegenständlich aus. Ganz anders wiederum erscheint ihr abstraktes Gemälde, das sie wortspielerisch „Abstrandlandschaft“ genannt hat. In dieses Traumgebilde wolle man sofort eintauchen, meint spontan eine Besucherin.

„Alles hängt hier gleichberechtigt nebeneinander, es gibt keine Wertung bei uns“, beschreibt sie das Miteinander in der „Palette“. Es sei vor allem die Angebotsvielfalt interessant: „Egal ob realistisch, abstrakt, impressionistisch oder expressionistisch - erlaubt ist, was gefällt.“

Malerkollege Käufler, der auch schon in den 60er Jahren in Kriftel ausgestellt hat, ergänzt: “Das geht sogar so weit, dass in der Ausstellung in den Frankfurter Römerhallen die Positionen der Bilder an den Stellwänden unter den Vereinsmitglieder verlost werden.“ So könne auch das eigene Ego in Zaum gehalten werden.

 

Kunst als Inspiration

Gelebte Demokratie also? Nicht ganz. Denn es gibt schon einen Vorstand der Künstlervereinigung „Die Palette“. Dem würden die Bilder zwar gezeigt, „aber was zählt, ist die Liebe zur Kunst. Perfektion ist kein Kriterium“, betont Monika Stehr. Viele Mitglieder seien Autodidakten, andere hätten schon eine Malschule, wie zum Beispiel die Frankfurter Städel-Abendschule besucht. Grundsätzlich sei aber jeder willkommen, der sich künstlerisch ausdrücken könne und gestalten wolle.

In jedem Menschen stecke ein Künstler, hieß es einst programmatisch bei Joseph Beuys. Vielleicht entdeckt ja einer der Besucher des Krifteler Rathauses in den nächsten fünf Wochen diese schöpferische Möglichkeit in sich. Ob durch Acryl, Wasserfarben, Pastellkreiden oder Buntstiften – diese bunte Palette inspiriert in jedem Fall. Gelegenheit dazu gibt es noch bis zum 16. Oktober zu den Sprechzeiten der Gemeindeverwaltung. Alexander van de Loo

 

Kasten: Die Palette Frankfurt am Main

Im Verein „Die Palette Frankfurt am Main - Internationaler Ring der Kunstfreunde e. V.“ haben sich Künstler und Freizeitkünstler vorwiegend aus dem Raum Frankfurt am Main zusammengeschlossen. Er wurde 1960 von Peter Bartholome in Frankfurt-Höchst gegründet. „Die Palette Frankfurt am Main“ ist offen für alle Kunstrichtungen. Acryl-, Aquarell- und Ölmalerei sind vertreten, aber auch Radierung, Collage und Fotografie.

Der Verein mit circa 70 Mitgliedern bietet mehrere Gruppenausstellungen in Frankfurt und Umgebung an. Ein Höhepunkt ist die vom Kulturamt der Stadt Frankfurt geförderte jährliche Kunstausstellung in der Paulskirche Frankfurt.