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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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„Deutschland braucht einen Lesepakt“

von Ilse Romahn

(14.05.2019) Anlässlich der neuen LEO-Grundbildungsstudie fordert die Stiftung Lesen einen von Bund und Ländern koordinierten Maßnahmenplan für das Lesen.

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Foto: Stiftung Lesen
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Auf der Jahreskonferenz der AlphaDekade wurden die Ergebnisse der neuen LEO-Studie zur Literalität in Deutschland präsentiert. Die Stiftung Lesen erwartet nicht, dass sich die 2011 veröffentlichte Zahl von 7,5 Millionen Erwachsenen, die nicht richtig lesen und schreiben können, wesentlich verringert hat.

Dafür gibt es Gründe: Analphabetismus wächst nach. Auch die Lesekompetenz von Grundschulkindern hat sich hierzulande seit 2001 nicht verbessert. Nach der IGLU-Studie 2016 verfügt jeder fünfte Viertklässler über kein ausreichendes Leistungsniveau. In keinem teilnehmenden Land waren die sozial bedingten Unterschiede größer.
 
Leseförderung erreicht nicht alle. Zwar hat sich die durchschnittliche Lesekompetenz Jugendlicher in Deutschland zuletzt verbessert (PISA 2015). Die positive Entwicklung umfasst jedoch nicht die Gruppe der leseschwachen Schüler, deren Anzahl und Leistung stagnieren.
 
Lesen braucht Zeit. Lehrkräfte in Deutschland verwenden im Mittel drei Stunden pro Woche bzw. 90 Stunden pro Schuljahr für expliziten Leseunterricht. Die IGLU-Forscher konstatieren: „Deutschland liegt damit weit unter dem internationalen Mittelwert mit knapp 160 Stunden.“
 
Deutschland fällt zurück. Schon 2013 belegte Deutschland bei der internationalen PIAAC-Studie unter 24 Staaten nur den 16. Platz in Sachen Lesekompetenz. Gemessen am BIP investiert die Bundesrepublik bis heute weniger als 21 andere EU-Mitgliedsstaaten in Bildung.
 „Deutschland braucht einen Lesepakt für Familien, Kitas und Schulen, damit alle die gleichen Chancen auf Bildung, Aufstieg und Gestaltung ihres Lebens haben“, so Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. „Denn Prävention ist die beste Leseförderung. So wichtig Angebote zur nachholenden Alphabetisierung im Erwachsenenalter sind, so entscheidend bleiben die frühe Prägung und Übung, im Sinne des einzelnen, aber auch mit Blick auf die eingesetzten Mittel. Wir begrüßen, dass die Kultusministerkonferenz 2019 einen Fokus auf die Sprach- und Leseförderung legt. Um diese nachhaltig zu stärken, braucht es konkrete Maßnahmen für die kommenden Jahre.“
 
Dazu gehören klare und verbindliche Standards für die Sprachförderung in Kitas und den Leseunterricht in Grundschulen, aber auch Angebote, die sich an Familien richten, sowie zur außerunterrichtlichen Leseförderung und Stärkung ehrenamtlichen Engagements. Zum Beispiel muss jeder Grundschüler neben dem Leseunterricht freien Zugang zu Büchern haben, am besten in einem Leseclub mit Betreuung und Programm, alternativ auch einer offenen Schulbibliothek oder zumindest gemütlichen Leseecke. Die Vorlesestudie 2018 hat gezeigt, dass fast jeder vierte Grundschüler keine derartigen Angebote kennt.
 
Es fängt mit Lesen an: Lesen ist die zentrale Voraussetzung für Bildung, beruflichen Erfolg, Integration und zukunftsfähige gesellschaftliche Entwicklung. Die Stiftung Lesen führt in enger Zusammenarbeit mit Bundes- und Landesministerien, wissenschaftlichen Einrichtungen, Stiftungen, Verbänden und Unternehmen bundesweite Programme, Kampagnen, Forschungs- und Modellprojekte durch, zum Beispiel den Bundesweiten Vorlesetag im November.

Die Stiftung Lesen steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und wird von zahlreichen prominenten Lesebotschaftern unterstützt.

www.stiftunglesen.de